Vg Info
Wir geben 8 auf die VG Wort
Unlängst haben wir hier darüber berichtet, wie ver.di auf europäischer Ebene gegen die Interessen der Autoren lobbyiert. Zur Rechtfertigung ihrer an den Interessen der Verleger orientierten Politik bringen die Gewerkschaft, der ihr angegliederte Autorenverband VS und andere Autorenvertreter in der VG WORT stets vor, eine gemeinsame Verwertungsgesellschaft von Autoren und Verlegern sei durchsetzungsstärker gegenüber Internetplattformen und der Geräteindustrie. Zudem könne sie auch kostengünstiger operieren, als wenn Verleger und Autoren sich getrennt um ihre Vergütungen kümmern müssten.
Was ist dran an diesen Argumenten? Argument 1: Gemeinsam mit den Verlagen sind wir stärker gegenüber Internetplattformen und anderen mächtigen Playern der digitalen Welt. Die angebliche Solidargemeinschaft von Autoren und Verlagen hat bei ihrem Kampf um Zahlungspflichten für Internetplattformen bislang keinerlei Erfolge vorzuweisen. Die Forderung nach einer Plattformabgabe, die beispielsweise auch YouTube oder Facebook verpflichten würde, jenseits von freiwilligen Lizenzvereinbarungen Abgaben an Verwertungsgesellschaften zu zahlen, steht seit mehreren Jahren im Raum und wird etwa von der Initiative Urheberrecht in regelmäßigen Abständen erneuert. Auf Europa-Ebene, wo dies entschieden werden müsste, gibt es dagegen aber erhebliche Widerstände. Der Grund: Die Forderung ist unvereinbar mit der Haftungsfreistellung für Hosting-Plattformen in der eCommerce-Richtlinie (Artikel 14). Jahrzehnten gemeinsamen Lobbyings mit den Verlagen zum Trotz ist es den Autorenvertretern nicht gelungen, hieran etwas zu ändern. Der einzige Erfolg dieser Arbeit dürfte das Leistungsschutzrecht für Presseverlage sein, von dem Autoren bislang in keiner Weise profitieren. So schade man es finden mag - von einer gemeinsamen starken Verhandlungsposition gegenüber Google & Co. kann objektiv keine Rede sein. Argument 2: Gemeinsam mit den Verlagen haben wir eine stärkere Verhandlungsposition gegenüber der Geräteindustrie, die Urheberrechtsabgaben an die VG WORT zahlt. Wenn Verwertungsgesellschaften mit der Geräteindustrie verhandeln, sitzt kein einziger Verleger mit am Tisch. Der Geräteindustrie ist es im Übrigen völlig schnuppe, wie das Geld zwischen Autoren und Verlegern verteilt wird. Sie möchte nur möglichst wenig zahlen. Und sie weiß genau: Wenn die Verlage von den Vergütungen der Autoren ausgeschlossen würden, würden diese sich um eigene Leistungsschutzrechte bemühen – und dann müsste die Geräteindustrie vermutlich tatsächlich mehr zahlen als bisher. Sollen also doch lieber die Autoren auf ihr Geld verzichten, denkt sie sich da. Im Übrigen: Wie andere Verwertungsgesellschaften, so ist auch die VG WORT regelmäßig in jahrelange juristische Prozesse mit der Geräteindustrie verwickelt. Warum, wenn doch Autoren und Verleger angeblich gemeinsam eine so starke Verhandlungsposition haben? Argument 3: Eine einzelne Verwertungsgesellschaft ist effizienter und verursacht weniger Kosten als zwei getrennte. Die Frage, ob Autoren und Verleger besser in einer oder mehreren Verwertungsgesellschaften agieren, stellt sich derzeit überhaupt nicht. Nach geltendem Recht stehen die gesetzlichen Vergütungen ausschließlich den Autoren zu. Verleger sind nicht Inhaber irgendwelcher Rechte, durch die sie einen Anspruch auf solche Vergütungen geltend machen könnten. Sie könnten folglich keine eigene Verwertungsgesellschaft gründen. Das einzige originäre vewertungsgesellschaftspflichtige Recht, über das sie verfügen, ist das Presseverlegerleistungsschutzrecht. Um die Einkünfte daraus nicht mit den Autoren teilen zu müssen, nehmen sie dieses Recht schon heute in einer anderen Verwertungsgesellschaft als der VG WORT wahr. Eine Verwertungsgesellschaft, die nur die Interessen von Autoren verträte, hätte im Übrigen nicht eine Million Euro an Rechtsverteidigungskosten für einen Prozess gegen die Interessen der Autoren ausgeben müssen (nämlich den Prozess gegen die Klage von Martin Vogel). Sie hätte nicht, wie 2016, in einem einzigen Jahr 225.000 Euro für die Klärung umsatzsteuerlicher Fragen im Zusammenhang mit der Abtretung von Vergütungsansprüchen an Verlage ausgegeben. Sie hätte mutmaßlich auch nicht beschlossen, Teile der den Autoren zustehenden Vergütungen an angebliche Urheberorganisationen wie den Deutschen Hochschulverband auszuschütten. Es gibt im Filmbereich (wo die Verwerter, anders als im Printbereich, über relevante eigene Rechte verfügen) zahlreiche Verwertungsgesellschaften mit sich überschneidenden Tätigkeitsfeldern. Arbeiten diese ineffektiver? In Skandinavien gibt es mehrere Verwertungsgesellschaften, die einzig und allein die Interessen von Autoren vertreten. Sind sie weniger erfolgreich? Im Gegenteil, sie haben zum Beispiel hervorragende Deals mit den Bibliotheken, die hierzulande wegen des Widerstands der Verlage nicht zustandekommen. Es ist auch kein Zufall, dass die europäische Petition gegen die Verlegerbeteiligung, die ver.di ein Dorn im Auge ist, von einer finnischen Verwertungsgesellschaft initiiert wurde, welche allein die Interessen der Autoren vertritt. Feindbilder und Panikmache Warum also erzählen ver.di, der VS, der VdÜ und bisweilen auch der DJV den Autoren immer wieder das Märchen von der gemeinsam starken Front gegen die böse Geräteindustrie? Warum erwecken sie immer wieder den Eindruck, die VG WORT sei durch das BGH-Urteil „Verlegeranteil“ in ihrem Fortbestand gefährdet? Darüber kann man nur mutmaßen. Das gemeinsame Feindbild der bösen Geräteindustrie soll wahrscheinlich helfen, die Reihen möglichst fest zu schließen. Dass die Geräteindustrie nicht auf seiten der Urheber steht, versteht sich von selbst. Gleichwohl trägt sie nicht die Hauptschuld an der miserablen wirtschaftlichen Situation vieler Autoren. An ihr ist vielmehr das miserable Urhebervertragsrecht schuld, das die ver.di-Autorenvertreter selbst unlängst durchgewunken haben, im Tausch gegen ihre Zustimmung zur Verlegerbeteiligung, wie man hier nachlesen kann. Die Behauptung, dass jetzt „europarechtlich eine Grundlage für das Weiterbestehen der VG Wort“ geschaffen werden müsse, wie es hier heißt, ist hingegen reine Panikmache. Die VG WORT ist eine wirtschaftlich kerngesunde Gesellschaft mit laufenden Einnahmen, die ihr gesetzlich garantiert sind: Die Geräteindustrie ist rechtlich dazu verpflichtet, Abgaben an die VG WORT zu zahlen, und es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass sich daran in Zukunft etwas ändern wird. Zu sagen, es gäbe „für viele Jahre nichts mehr zu verteilen – an wen auch immer“, wenn die Verleger von einer Beteiligung an diesen Ausgaben ausgeschlossen würden, ist daher völlig unbegründet. So bleibt das irritierende Gefühl, dass die Autorenvertreter alles daran setzen, Urhebern Angst davor zu machen, ihre Rechte durchzusetzen. Denn nichts anderes bedeutet es, die Durchsetzung des BGH-Urteils einzufordern. Autoritätshörigkeit Mit ihrer Parteinahme für die Verlegerinteressen sind Eva Leipprand und Patricia Klobusiczky nicht zuletzt ihren europäischen Autorenkollegen in den Rücken gefallen. Diese Entscheidung verdankt sich vermutlich weniger urheberrechtlicher Sachkenntnis als vielmehr einer unkritischen Autoritätshörigkeit gegenüber ihren gewerkschaftlichen Rechtsberatern. Dafür spricht auch, dass sie Nachfragen von Autoren in dieser Sache nicht selbst beantworten, sondern auf einen „VG-WORT-Fachmann“ im Hintergrund verweisen. Von der Verantwortung für die urheberfeindliche Politik, die sie betreiben, entbindet sie das ebensowenig wie Valentin Döring, der als Jurist im Gegensatz zu den Genannten genau wissen dürfte, was er tut.
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Januar 2019
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