Vg Info
Wir geben 8 auf die VG Wort
Wir veröffentlichen hier die Originalversion eines Briefes, den Heiko Maas und Monika Grütters am 11. Januar 2017 an Max Andersson angeschrieben haben, den federführenden Berichterstatter des Rechtsausschusses (JURI) des Europärischen Parlaments für die Marrakesch-Richtlinie. Eine englische Übersetzung des Schreibens ist bereits seit dem 21. März 2017 beim Corporate Europe Observatory nachzulesen, einer lobbykritischen Organisation, die sich vor allem durch ihre Aufklärungsarbeit im Zusammenhang mit den Freihandelsabkommen TTIP und CETA einen Namen gemacht hat.
In dem Schreiben richten Maas und Grütters an Andersson (sowie an seine Kollegen Axel Voss und Dietmar Köster) die ausdrückliche Bitte, die geplante europäische Neuregelung zur Verlegerbeteiligung aus dem EU-Urheberrechtspaket heraus- und in die Umsetzung des Marrakesch-Vertrags hineinzunehmen. Begründung: Wenn die Regelung zur Verlegerbeteiligung im Zusammenhang mit der Reform des Urheberrechts diskutiert werden muss, kann das länger dauern. Wenn man die Verleger jedoch zu den Blinden packt, geht es unter Umständen viel schneller. Dazu muss man wissen, dass nicht zuletzt die Deutsche Bundesregierung eine rasche Umsetzung der Ausnahmeregelungen für Blinde und Sehbehinderte aktiv behindert, wie das Corporate Europe Observatory erläutert. Das freundlich formulierte Schreiben von Maas und Grütters kann vor diesem Hintergrund auch als Drohung gedeutet werden. Wenn das Europäische Parlament im Urheberrecht Erleichterungen für Blinde und Sehbehinderte möchte, soll es die Verlegerbeteiligung auf Kosten der Autoren möglichst rasch und geräuschlos durchwinken. Das EP hat sich indes nicht unter Druck setzen lassen und am 23. März 2017 den Bericht des federführenden JURI-Ausschusses zur Marrakesch-Richtlinie ohne die von der Deutschen Bundesregierung gewünschte Änderung beschlossen. Jetzt geht das Dossier ins Trilog-Verfahren: Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union müssen sich auf eine gemeinsame Position einigen, über die dann endgültig abgestimmt wird. Dieses Verfahren findet hinter verschlossenen Türen statt. Insbesondere sind die Berichte aus dem Rat der Europäischen Union, in dem die einzelnen Mitgliedsstaaten ihre politischen Interessen durchzusetzen versuchen, nicht öffentlich zugänglich. Es deutet bislang jedoch nichts darauf hin, dass die Deutsche Bundesregierung nicht auch weiterhin versuchen wird, Blinde und Sehbehinderte in Geiselhaft zu nehmen, um eine Beteiligung der Verleger an den gesetzlichen Vergütungen der Autoren durchzusetzen. Inhaltlich begründen Maas und Grütters diese Politik mit der Tatsache „dass der Autor das zu veröffentlichende Werk schafft, der Verleger jedoch die Grundlage dafür schafft, das gesetzlich erlaubte Nutzungen wie etwa private Kopien überhaupt möglich werden. Deshalb erscheint es fair, wenn beide – sowohl der Autor als auch der Verleger – von den Vergütungen für diese Nutzungen profitieren“. Warum die Bundesregierung, wenn das so ist, den Verlegern keine eigenen Rechte an ihrer Leistung zuspricht, sondern gern möchte, dass die Verlage auf Kosten der Autoren an den Ausschüttungen beteiligt werden, erklären die Autoren nicht. Stattdessen versichern sie: „Politische Differenzen sind nicht zu erwarten, denn der Vorschlag stellt lediglich eine Option für diejenigen Mitgliedsstaaten dar, die eine Verlegerbeteiligung ohnehin schon kennen und sie auch zukünftig aufrechterhalten möchten.“ Womit die Bundesregierung implizit eingesteht, dass ihre derzeitige nationale Regelung europarechtswidrig ist, denn sonst bräuchte sie ja keine Neuregelung. Verwertungsgesellschaften, Gewerkschaften oder Autoreninteressenverbände haben unserer Kenntnis nach bislang keine Kritik an dem Vorgehen der Bundesregierung zu Lasten von Blinden und Sehbehinderten vernehmen lassen. Wir stellen jedoch hier einen Brief zur Verfügung, mit dem man gegen die EU-Vorschläge zur Verlegerbeteiligung protestieren kann.
0 Kommentare
Ihr Kommentar wird eingetragen, sobald er genehmigt wurde.
Hinterlasse eine Antwort. |
Über uns
Wir sind eine Gruppe von Autoren, die sich für Urheberrecht und aktuelle Entwicklungen der Verwertungsgesellschaften interessiert. Archiv
Januar 2019
Kategorien
Alle
|