Vg Info
Wir geben 8 auf die VG Wort
Auf Nachfrage von meedia.de hat die VG WORT Anfang August 2017 Details zur Rückforderung ihrer rechtswidrig an Verlage geleisteten Zahlungen für die Jahre 2012-2015 bekanntgegeben. Ein guter Anlass, einmal zusammenzutragen, was wir über den derzeitigen Stand der Rückabwicklung wissen und was nicht.
Zunächst: Aufgrund von Verjährung wird die VG WORT nur einen Bruchteil des Geldes zurückerhalten, das sie rechtswidrig an Verlage ausgeschüttet hat. Allein zwischen 2004 und 2011 hat sie nach eigenen Angaben gesetzliche Vergütungen in Höhe von 266.211.397 Euro rechtswidrig an Verlage ausgeschüttet. Zurückfordern konnte sie jedoch nur den noch nicht verjährten Betrag. Nach Informationen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels vom Okober 2016 (S. 5 im .pdf) betrug die Summe der nicht-verjährten Rückforderungen nach dem Urteil Verlegeranteil 99,8 Millionen Euro. Ihrem Geschäftsbericht 2016 zufolge hat die VG WORT im November 2016 jedoch nur 85,7 Millionen Euro von den Verlagen zurückverlangt. Die Differenz zwischen 99,8 Mio. und 85,7 Mio. ist auffällig. Wo sind die 15 Millionen geblieben? Gegenüber meedia erklärt die VG WORT diese Differenz wie folgt: „Die zu Anfang im November 2016 genannten circa 100 Millionen Euro stellten eine erste Schätzung dar und bezogen sich auf den Gesamtbetrag aller Ausschüttungen, die in den Jahren 2012 bis 2015 an die Verlage bezahlt worden sind. Danach ging es an die konkrete Berechnung und Umsetzung der Rückforderungen an die Verlage. Hierbei wurden sodann insbesondere solche Ausschüttungen abgezogen, die nicht für gesetzliche Vergütungsansprüche, sondern für sogenannte ausschließliche Nutzungsrechte ausbezahlt wurden (beispielsweise Gelder für die öffentliche Wiedergabe von Hörfunk und Fernsehsendungen in Gaststätten u.ä.). Dies geschah vor dem Hintergrund, dass sich die Entscheidung des Bundesgerichtshofs nur auf gesetzliche Vergütungsansprüche bezog. Diese konkrete Berechnung führt sodann zu einer Reduktion der Gesamtrückforderung auf die sodann genannten 85,7 Millionen Euro.“ Das ist eine interessante Auskunft, denn zum einen widerspricht sie den Angaben, die auf der letzten Mitgliedersammlung der VG WORT gemacht wurden. Dort hieß es, es seien brutto 91.107.220,24 Euro von den Verlagen zurückgefordert worden. Die Differenz von ca. 6 Millionen betrifft demnach die Umsatzsteuer, die die VG WORT vermutlich ebenfalls aus dem Topf der eigentlich den Autoren zustehenden Gelder genommen hat, sie ihnen jetzt aber nicht zurückzahlen darf, sondern sie ans Finanzamt abführen muss. Diese kleinere Summe möchte die VG WORT nun offenbar elegant unter den Tisch fallen lassen. Die Klärung umsatzsteuerlicher Fragen war der VG WORT 2016 übrigens 225.000 Euro wert, wie ebenfalls im Geschäftsbericht nachzulesen ist – etwa das Zehnfache der in anderen Jahren anfallenden Kosten. Im Übrigen legt die Antwort der VG WORT nahe, dass sie das Urteil, welches Bruno Kramm im November 2016 gegen die GEMA erstritten hat, nicht zu berücksichtigen gedenkt. Quintessenz dieses Urteils ist nämlich, dass eine Verwertungsgesellschaft auch im Bereich der Nutzungsrechte keine Zahlungen an Verlage vornehmen darf, es sei denn, die Abtretung ist vertraglich wirksam vereinbart worden. Dies setzt voraus, dass der betreffende Verlagsvertrag vor dem Wahrnehmungsvertrag abgeschlossen wurde (Prioritätsprinzip). Diese Konstellation ist selten, und es ist nicht davon auszugehen, dass die VG WORT die Verträge entsprechend überprüft hat. Aufschluss über diese Unstimmigkeiten wird wohl erst der Geschäftsbericht 2017 bringen. Verzichtserklärungen bringen knapp 5,88% So viel zu den Rückforderungen. Wie viel Geld ist bisher zurückgeflossen? Die Kapitalflussrechnung für 2016 im Geschäftsbericht gibt als "Einzahlungen aus Rückforderungen der Verlage" 27 Millionen an. Nach Angaben der VG WORT haben 26.000 Autoren freiwillig auf das ihnen zustehende Geld verzichtet. Dem Branchenmagazin buchreport hat die VG WORT nun verraten, dass es dabei um eine Gesamtsumme von 5 Millionen Euro geht. Mit anderen Worten: Der ganze Zirkus um Verzichtserklärungen der Autoren hat der VG WORT gerade einmal knapp 6% der gesamten Rückforderungssumme eingebracht. Noch Fragen zur Solidargemeinschaft? Wie hoch werden die Ausfälle? Die VG WORT fordert nun also nicht mehr 55, sondern nur 50 Millionen von jenen Verlagen zurück, die auf einen Forderungsverzicht ihrer Autoren spekulierten. Interessant wird die Frage, wie hoch dabei die Zahlungsausfälle werden. Interessant vor allem für die Verantwortlichen der VG WORT selbst. Wenn die Ausfälle die fünf Millionen übersteigen, auf die die Autoren freiwillig verzichten, wird sich erneut die Frage nach der Haftung für dieses Desaster stellen. Denn eigentlich hätte die VG WORT das Geld von vornherein nicht an die Verlage ausschütten dürfen, sondern es aus Sicherungsgründen zurückstellen müssen, wie der BGH in einem ähnlichen Fall entschieden hat. Grundsätzlich muss die Rückzahlung an die Autoren bis Ende 2017 erfolgen. Im Korrekturverteilungsplan heißt es jedoch: „Falls zu diesem Zeitpunkt ein wesentlicher Teil der von Verlagen zurückzuzahlenden Beträge noch nicht bei der VG WORT eingegangen […] sein sollte , erfolgt zunächst eine Abschlagszahlung in angemessener Höhe. Weitere Ausschüttungen zur Neuverteilung folgen sodann nach pflichtgemäßem Ermessen. Hierüber entscheidet jeweils der Verwaltungsrat.“
4 Kommentare
Ein Fristrierter
7/9/2017 08:56:36 am
Immerhin langt die VG WORT bei der Verwaltungskostenpauschale richtig hin. Ein Selbstverleger verliert beim Verzicht als Autor zugunsten seiner selbst als Verleger mal eben 10% seiner Einnahmen.
Antwort
Was sonst
9/9/2017 03:57:29 am
Das ist bei allen so. Wenn ein Autor auf 100 Euro verzichtet, kommen bei seinem Verlag nur noch 90 Euro an. Die Differenz wandert in die Kasse der VG WORT, die damit andere Löcher stopft. Das wurde von den Mitgliedern so im Mai beschlossen und abgesegnet.
Antwort
gast
15/9/2017 10:20:54 am
266 Milliarden ausgeschüttet? zwischen 2004 und 2012?
Antwort
Daniel
10/11/2017 06:58:52 pm
Danke für die ausführlichen Berichte!
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