Vg Info
Wir geben 8 auf die VG Wort
Auf Seite 16 ihrer heutigen Ausgabe druckt die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) eine Richtigstellung zu ihrer Berichterstattung über die Auseinandersetzungen zwischen Autoren und Verlegern in der VG WORT. Darin räumt das Blatt ein, dass es in gleich drei Artikeln gegen seine journalistischen Sorgfaltspflichten verstoßen hat, indem es unwahre Tatsachenbehauptungen über Martin Vogel verbreitet hat. Vogel ist durch seine Klage gegen die Verlegerbeteiligung bei den Ausschüttungen in der VG WORT bekannt geworden, die der Bundesgerichtshof im April 2016 letztinstanzlich zu seinen Gunsten entschieden hat. Die Zeitung hatte in drei Artikeln behauptet, Martin Vogel habe als Berater der damaligen Justizministerin Herta Däubler-Gmelin einen Entwurf für das Urhebervertragsrecht verfasst und dabei für die Aufnahme des §63a gesorgt, um später auf der Grundlage dieses Artikels gegen die VG WORT zu klagen. Die FAZ stellt nun richtig, dass weder der §63a auf Martin Vogel zurückgeht noch das BGH-Urteil auf den §63a. Was die FAZ ihren Lesern nicht sagt: Sie druckt diese Richtigstellung nicht aus freien Stücken, sondern auf Basis einer außergerichtlichen Einigung mit Martin Vogel, der bereits am 20. Dezember zwei (sic!) gerichtliche Gegendarstellungsgebote gegen die FAZ erwirkt hatte, die wir am Ende dieses Artikels verlinken. Auch in den Internetfassungen der Texte (hier, hier und hier) findet sich kein entsprechender Hinweis. Ebenso wenig wird darauf hingewiesen, dass der Autor dieser Texte, der stellvertretende Feuilletonchef Michael Hanfeld, von den nicht-öffentlichen Mitgliederversammlungen der VG WORT nur so detailliert berichten kann, weil er als stimmberechtigtes Mitglied an ihnen teilnimmt. In anderen Medien gehört ein entsprechender Disclaimer zum guten Stil (siehe z.B. hier). Es ist kein Geheimwissen, dass die derzeit geltende Fassung des §63a nicht mit dem Urhebervertragsrecht von 2002 eingeführt wurde, sondern erst mit dem sogenannten „Zweiten Korb“, der zum Anfang des Jahres 2008 in Kraft trat. (Die gesamte Historie kann hier nachgelesen werden.) Nicht Herta Däubler-Gmelin, sondern Brigitte Zypries war inzwischen Justizministerin. Sie wollte von der Stärkung der Autorenrechte in der VG WORT nichts mehr wissen, sondern mit der Neufassung des Paragraphen dafür sorgen, dass die Verleger doch wieder beteiligt würden. Hinter dem in Fachkreisen unisono als handwerklich schlecht betrachteten Paragraphen stand also die Absicht, die Verlegerbeteiligung in der VG WORT abzusichern. Bekanntlich verfolgte Vogel mit seiner Klage das entgegengesetzte Ziel. Hanfelds Spin, Vogel habe erst den Paragraphen selbst in das Gesetz hineingeschrieben, um hinterher dagegen zu klagen, erzählt allerdings eine Geschichte, die seinem Arbeitgeber besser gefallen haben dürfte. Schließlich haben auch Zeitungsverlage in den letzten Jahren widerrechtlich erhebliche Summen von der VG WORT erhalten. Dass die FAZ der Verwertungsgesellschaft in Sachen fehlender Transparenz in nichts nachsteht, verwundert vor diesem Hintergrund wenig. ![]()
Die untenstehenden Dateien mögen zur Klärung eines Disputs in den Kommentaren dienen: ![]()
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Am Samstag fand in München erneut eine außerordentliche Mitgliederversammlung (MV) der VG WORT statt. Die Verwertungsgesellschaft ist nach wie vor damit beschäftigt, die Folgen des Vogel-Urteils vom April 2016 zu verdauen. Der Bundesgerichtshof hatte entschieden, dass die Pauschalvergütungen allein Autoren, nicht aber Verlegern zustehen, da letztere keine Urheber sind. Die VG WORT muss nun also einerseits bereits an die Verlage ausgeschüttete Tantiemen zurückfordern, andererseits einen Verteilungsplan für die Zukunft beschließen, in dem die Verleger nicht mehr beteiligt werden.
Mittlerweile hat die VG WORT das Geld für den noch nicht verjährten Zeitraum 2012-2015 von den Verlagen zurückgefordert und am Samstag einen Plan für die Rückabwicklung der unrechtmäßigen Verteilung beschlossen. Dieser sieht eine nicht unumstrittene Abtretungsregelung vor: Die VG WORT soll für Autoren, die freiwillig zugunsten ihrer Verlage auf ihr Geld verzichten wollen, eine anonyme Schenkungsmöglichkeit organisieren. Demnach sollen die Verlage, deren Autoren auf eine Rückabwicklung verzichten, die bereits erhaltenen Zahlungen behalten dürfen, die anderen müssen es zurückzahlen. Die Rückzahlungen gehen dann an die Autoren. Das Problem bei der Sache: Bei diesem Modell werden Autoren, die freiwillig auf die Rückzahlung verzichten, gegenüber anderen, die dies nicht wollen, bevorzugt. Denn die Verlage, denen Autoren Auszahlungsansprüche übertragen, dürfen das zu Unrecht erhaltene Geld behalten, während das Risiko von Zahlungsausfällen einseitig den anderen Wahrnehmungsberechtigten aufgebürdet wird. Zwar sollen eventuelle Ausfälle und Stundungen aus Rückstellungen der VG WORT aufgestockt werden – doch diese Rückstellungen schmälern den Topf, der in Zukunft für Ausschüttungen zur Verfügung steht. Der großzügige Verzicht der einen geht also möglicherweise zu Lasten der anderen. Ein solche Ungleichbehandlung ihrer Wahrnehmungsberechtigten ist der VG WORT als Treuhänderin eigentlich nicht erlaubt. Nichtsdestotrotz hat die Mitgliederversammlung dem Verfahren zugestimmt. Nicht zuletzt, weil der VG WORT Vorstand auf eine zentrale Forderung des Journalisten-Berufsverbands Freischreiber eingegangen ist. Freischeiber hatte zum einen verlangt, dass die Verlage Zinsen zahlen sollten, wenn sie das Geld über 2017 hinaus schuldig bleiben. Zum anderen hatten sie darauf gedrängt, dass die Verlage das Geld erst zu 100% zurückgezahlt haben sollten, bevor sie – wofür freilich eine gesetzliche Neuregelung nötig wäre – wieder Gelder von der VG WORT erhielten. Für die Verleger ist diese Regelung insofern vorteilhaft, als mit der Abtretungsregelung eine spätere Rückzahlungsfrist verbunden ist – die VG WORT gewährt ihnen also auf Kosten der Urheber ein zinsfreies Darlehen. Uneingestanden dürfte darin auch der Hauptzweck der Abtretungsregelung liegen. Je länger die Verlage Zeit für die Rückzahlung haben, desto geringer das Risiko von Zahlungsausfällen – Vorstand und Verwaltungsrat laufen weniger Risiko, persönlich für solche Ausfälle haften zu müssen. Bei vielen Autoren herrschte gleichwohl große Erleichterung über die Entscheidung. Offenbar haben die meisten von ihnen Angst davor, ihren Verlagen ins Gesicht sagen zu müssen, dass sie das Geld, das ihnen zusteht, zurückhaben möchten. Sie wünschen sich eine anonyme Abtretungsmöglichkeit – damit niemand gezwungen ist, davon Gebrauch zu machen. Wie das mit der ständigen Rede von der Solidargemeinschaft der Autoren und Verleger zusammenpasst, die auch von den Autorenvertretern immer wieder gehalten wird, bleibt ein Rätsel. Eine andere Abstimmung ging hingegen nicht so aus, wie der Vorstand der VG WORT es sich gewünscht hatte: die über eine Änderung des Verteilungsplans. Nachdem im April der BGH die Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaft an Verleger für unrechtmäßig erklärt hat, hätte die VG WORT jetzt eigentlich einen Verteilungsplan vorlegen müssen, in dem die Verleger nicht mehr berücksichtigt werden. Stattdessen hat sie jedoch einen nach wie vor nicht rechtskonformen Verteilungsplan vorgelegt: Der Anteil, den nach bisheriger Praxis die Verlage bekommen haben, sollte demnach auch in Zukunft nicht an die Autoren ausgeschüttet, sondern lediglich zurückgestellt, sozusagen „eingefroren“ werden. Die Idee dahinter: abzuwarten bis der Bundestag eine gesetzliche Regelung beschließen, die die Verlegerbeteiligung erneut legalisiert. Einen so klaren Verstoß gegen das BGH-Urteil mit ihren eigenen Stimmen abzusegnen, ging vielen Autoren dann doch zu weit. Wer Wert darauf legt, dass das BGH-Urteil endlich in die Praxis umgesetzt wird, stimmte deshalb am Samstag gegen den Entwurf des neuen Verteilungsplans. Es bleibt spannend, wie es weitergeht. Die VG WORT will jetzt Formulare bereitstellen, mit denen die Urheber ihren Auszahlungsanspruch anonym an die Verlage abtreten können. Über die damit zusammenhängenden Probleme, etwa umsatzsteuerlicher Art, wird sie die Urheber dann hoffentlich informieren. |
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Wir sind eine Gruppe von Autoren, die sich für Urheberrecht und aktuelle Entwicklungen der Verwertungsgesellschaften interessiert. Archiv
Januar 2019
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