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Wir geben 8 auf die VG Wort
Nachdem die VG WORT derzeit keine Gelder mehr an Wissenschaftsverlage ausschütten darf, es sei denn, die Autoren verzichten freiwillig auf einen Teil ihrer Ansprüche, hat sie sich eine neue Möglichkeit überlegt, den Verlegern weiter Geld zuzuschanzen: über den Förderungsfonds Wissenschaft. Dies geht aus den (nicht öffentlich zugänglichen) Unterlagen zur nächsten Mitgliederversammlung hervor.
Der erwähnte Förderungsfonds speist sich schon heute aus Geldern, die eigentlich den Autoren zustehen: 50% des Aufkommens für wissenschaftliche sowie Sach- und Fachbücher aus der Bibliothekstantieme (also aus dem Topf, in den die Bibliotheken für Ausleihen einzahlen) fließen nach § 10 (3) der Satzung der VG WORT als „Förderungsausschüttung“ in den Wissenschaftsfonds. 10% der Wissenschafts-Reproeinnahmen Wissenschaftsverlage verlangen von Doktoranden und Habilitanden Druckkostenzuschüsse, die im geisteswissenschaftlichen Bereich in der Regel bei 3.000 Euro für eine Monographie anfangen. Autoren können beim Wissenschaftsfonds der VG WORT einen Antrag auf Übernahme dieser Druckkostenzuschüsse stellen. Der Förderungsfonds Wissenschaft dient also gewissermaßen dazu, Autorengelder über den Umweg der Druckkostenzuschüsse an die Verlage umzuleiten. Zusätzlich zu den Mitteln aus der Bibliothekstantieme möchte die VG WORT in Zukunft nun auch Mittel aus der Gerätevergütung (§ 54 UrhG) in den Fonds einfließen lassen, soweit sie auf wissenschaftliche Werke entfallen – begrenzt auf 10% der Einnahmen. Die Steigerung dürfte trotzdem erheblich sein. Laut Geschäftsbericht betrugen die Einnahmen aus der Bibliothekstantieme 2017 insgesamt nur 9,98 Millionen Euro, während die Kopiergerätevergütung 146,88 Millionen einbrachte. Im Bereich Wissenschaft wurden aus Reprographie und Bibliothekstantieme zusammen im Jahr 2017 mehr als 22 Millionen Euro ausgeschüttet (Geschäftsbericht S. 14). Höhere Druckkostenzuschüsse Die Folge ist absehbar: Je mehr Geld im Fonds ist, desto höhere Druckkostenzuschüsse können die Verlage in Zukunft von den Autoren verlangen. Anders als beim Sozialfonds der VG WORT, bei dem das Geld mittelbar den Berechtigten zugutekommt, dient das Modell des Wissenschaftsfonds also dazu, eine Verlegerbeteiligung an den Einnahmen der Urheber durch die Hintertür einzuführen. Nutznießer sind ausgerechnet die Wissenschaftsverlage, die an Urheber in der Regel nicht einmal Honorare zahlen und von den Bundesländern ohnehin schon erhebliche Summen für elektronische Bibliotheksnutzungen erhalten. Keinerlei Protest von Autorenvertretern und Gewerkschaften Die Autorenvertreter und ihre gewerkschaftlichen Rechtsberater dürften damit genauso wenig Probleme haben wie mit der Anerkennung des Deutschen Hochschulverbands als bei Ausschüttungen begünstigte „Urheberorganisation“. Der Verband hatte über Jahre hinweg rechtswidrig Autorengelder von der VG WORT erhalten. An der letzten Mitgliederversammlung der VG WORT nahmen lediglich 25 Wissenschaftsautoren teil. Für wichtige Entscheidungen ist in jeder einzelnen Berufsgruppe eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich.
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Unlängst haben wir hier darüber berichtet, wie ver.di auf europäischer Ebene gegen die Interessen der Autoren lobbyiert. Zur Rechtfertigung ihrer an den Interessen der Verleger orientierten Politik bringen die Gewerkschaft, der ihr angegliederte Autorenverband VS und andere Autorenvertreter in der VG WORT stets vor, eine gemeinsame Verwertungsgesellschaft von Autoren und Verlegern sei durchsetzungsstärker gegenüber Internetplattformen und der Geräteindustrie. Zudem könne sie auch kostengünstiger operieren, als wenn Verleger und Autoren sich getrennt um ihre Vergütungen kümmern müssten.
Was ist dran an diesen Argumenten? Argument 1: Gemeinsam mit den Verlagen sind wir stärker gegenüber Internetplattformen und anderen mächtigen Playern der digitalen Welt. Die angebliche Solidargemeinschaft von Autoren und Verlagen hat bei ihrem Kampf um Zahlungspflichten für Internetplattformen bislang keinerlei Erfolge vorzuweisen. Die Forderung nach einer Plattformabgabe, die beispielsweise auch YouTube oder Facebook verpflichten würde, jenseits von freiwilligen Lizenzvereinbarungen Abgaben an Verwertungsgesellschaften zu zahlen, steht seit mehreren Jahren im Raum und wird etwa von der Initiative Urheberrecht in regelmäßigen Abständen erneuert. Auf Europa-Ebene, wo dies entschieden werden müsste, gibt es dagegen aber erhebliche Widerstände. Der Grund: Die Forderung ist unvereinbar mit der Haftungsfreistellung für Hosting-Plattformen in der eCommerce-Richtlinie (Artikel 14). Jahrzehnten gemeinsamen Lobbyings mit den Verlagen zum Trotz ist es den Autorenvertretern nicht gelungen, hieran etwas zu ändern. Der einzige Erfolg dieser Arbeit dürfte das Leistungsschutzrecht für Presseverlage sein, von dem Autoren bislang in keiner Weise profitieren. So schade man es finden mag - von einer gemeinsamen starken Verhandlungsposition gegenüber Google & Co. kann objektiv keine Rede sein. Argument 2: Gemeinsam mit den Verlagen haben wir eine stärkere Verhandlungsposition gegenüber der Geräteindustrie, die Urheberrechtsabgaben an die VG WORT zahlt. Wenn Verwertungsgesellschaften mit der Geräteindustrie verhandeln, sitzt kein einziger Verleger mit am Tisch. Der Geräteindustrie ist es im Übrigen völlig schnuppe, wie das Geld zwischen Autoren und Verlegern verteilt wird. Sie möchte nur möglichst wenig zahlen. Und sie weiß genau: Wenn die Verlage von den Vergütungen der Autoren ausgeschlossen würden, würden diese sich um eigene Leistungsschutzrechte bemühen – und dann müsste die Geräteindustrie vermutlich tatsächlich mehr zahlen als bisher. Sollen also doch lieber die Autoren auf ihr Geld verzichten, denkt sie sich da. Im Übrigen: Wie andere Verwertungsgesellschaften, so ist auch die VG WORT regelmäßig in jahrelange juristische Prozesse mit der Geräteindustrie verwickelt. Warum, wenn doch Autoren und Verleger angeblich gemeinsam eine so starke Verhandlungsposition haben? Argument 3: Eine einzelne Verwertungsgesellschaft ist effizienter und verursacht weniger Kosten als zwei getrennte. Die Frage, ob Autoren und Verleger besser in einer oder mehreren Verwertungsgesellschaften agieren, stellt sich derzeit überhaupt nicht. Nach geltendem Recht stehen die gesetzlichen Vergütungen ausschließlich den Autoren zu. Verleger sind nicht Inhaber irgendwelcher Rechte, durch die sie einen Anspruch auf solche Vergütungen geltend machen könnten. Sie könnten folglich keine eigene Verwertungsgesellschaft gründen. Das einzige originäre vewertungsgesellschaftspflichtige Recht, über das sie verfügen, ist das Presseverlegerleistungsschutzrecht. Um die Einkünfte daraus nicht mit den Autoren teilen zu müssen, nehmen sie dieses Recht schon heute in einer anderen Verwertungsgesellschaft als der VG WORT wahr. Eine Verwertungsgesellschaft, die nur die Interessen von Autoren verträte, hätte im Übrigen nicht eine Million Euro an Rechtsverteidigungskosten für einen Prozess gegen die Interessen der Autoren ausgeben müssen (nämlich den Prozess gegen die Klage von Martin Vogel). Sie hätte nicht, wie 2016, in einem einzigen Jahr 225.000 Euro für die Klärung umsatzsteuerlicher Fragen im Zusammenhang mit der Abtretung von Vergütungsansprüchen an Verlage ausgegeben. Sie hätte mutmaßlich auch nicht beschlossen, Teile der den Autoren zustehenden Vergütungen an angebliche Urheberorganisationen wie den Deutschen Hochschulverband auszuschütten. Es gibt im Filmbereich (wo die Verwerter, anders als im Printbereich, über relevante eigene Rechte verfügen) zahlreiche Verwertungsgesellschaften mit sich überschneidenden Tätigkeitsfeldern. Arbeiten diese ineffektiver? In Skandinavien gibt es mehrere Verwertungsgesellschaften, die einzig und allein die Interessen von Autoren vertreten. Sind sie weniger erfolgreich? Im Gegenteil, sie haben zum Beispiel hervorragende Deals mit den Bibliotheken, die hierzulande wegen des Widerstands der Verlage nicht zustandekommen. Es ist auch kein Zufall, dass die europäische Petition gegen die Verlegerbeteiligung, die ver.di ein Dorn im Auge ist, von einer finnischen Verwertungsgesellschaft initiiert wurde, welche allein die Interessen der Autoren vertritt. Feindbilder und Panikmache Warum also erzählen ver.di, der VS, der VdÜ und bisweilen auch der DJV den Autoren immer wieder das Märchen von der gemeinsam starken Front gegen die böse Geräteindustrie? Warum erwecken sie immer wieder den Eindruck, die VG WORT sei durch das BGH-Urteil „Verlegeranteil“ in ihrem Fortbestand gefährdet? Darüber kann man nur mutmaßen. Das gemeinsame Feindbild der bösen Geräteindustrie soll wahrscheinlich helfen, die Reihen möglichst fest zu schließen. Dass die Geräteindustrie nicht auf seiten der Urheber steht, versteht sich von selbst. Gleichwohl trägt sie nicht die Hauptschuld an der miserablen wirtschaftlichen Situation vieler Autoren. An ihr ist vielmehr das miserable Urhebervertragsrecht schuld, das die ver.di-Autorenvertreter selbst unlängst durchgewunken haben, im Tausch gegen ihre Zustimmung zur Verlegerbeteiligung, wie man hier nachlesen kann. Die Behauptung, dass jetzt „europarechtlich eine Grundlage für das Weiterbestehen der VG Wort“ geschaffen werden müsse, wie es hier heißt, ist hingegen reine Panikmache. Die VG WORT ist eine wirtschaftlich kerngesunde Gesellschaft mit laufenden Einnahmen, die ihr gesetzlich garantiert sind: Die Geräteindustrie ist rechtlich dazu verpflichtet, Abgaben an die VG WORT zu zahlen, und es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass sich daran in Zukunft etwas ändern wird. Zu sagen, es gäbe „für viele Jahre nichts mehr zu verteilen – an wen auch immer“, wenn die Verleger von einer Beteiligung an diesen Ausgaben ausgeschlossen würden, ist daher völlig unbegründet. So bleibt das irritierende Gefühl, dass die Autorenvertreter alles daran setzen, Urhebern Angst davor zu machen, ihre Rechte durchzusetzen. Denn nichts anderes bedeutet es, die Durchsetzung des BGH-Urteils einzufordern. Autoritätshörigkeit Mit ihrer Parteinahme für die Verlegerinteressen sind Eva Leipprand und Patricia Klobusiczky nicht zuletzt ihren europäischen Autorenkollegen in den Rücken gefallen. Diese Entscheidung verdankt sich vermutlich weniger urheberrechtlicher Sachkenntnis als vielmehr einer unkritischen Autoritätshörigkeit gegenüber ihren gewerkschaftlichen Rechtsberatern. Dafür spricht auch, dass sie Nachfragen von Autoren in dieser Sache nicht selbst beantworten, sondern auf einen „VG-WORT-Fachmann“ im Hintergrund verweisen. Von der Verantwortung für die urheberfeindliche Politik, die sie betreiben, entbindet sie das ebensowenig wie Valentin Döring, der als Jurist im Gegensatz zu den Genannten genau wissen dürfte, was er tut. Die in der Gewerkschaft ver.di organisierten Schriftsteller und Übersetzer haben unlängst in einer Pressemitteilung erklärt, warum sie sich nicht dem Protest zahlreicher internationaler Autorenverbände gegen die Neuregelung der Verlegerbeteiligung auf europäischer Ebene anschließen. Die geplanten Neufassung der Urheberrechtsrichtlinie (S. 29 im Entwurf der Kommission) sieht vor, dass Verlage einen Rechtsanspruch auf einen Teil der Autoren-Vergütungen bekommen sollen. Voraussichtlich im April 2018 wird der federführende Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments darüber abstimmen.
Derzeit können Autoren selbst entscheiden, ob sie zugunsten von Verlagen auf einen Teil ihrer gesetzlichen Vergütungen verzichten. Aus Sicht der VG WORT wurde dies durch eine gesetzliche Neuregelung möglich, die der Bundestag im Dezember 2016 verabschiedet hat. Da aber nur wenige Autoren bereit sind, den Verlagen freiwillig etwas abzugeben, soll ihnen diese Entscheidungsfreiheit jetzt wieder genommen werden. Ein Verlagsvertrag, in dem Rechte übertragen werden, soll zukünftig ausreichen, um einen Rechtsanspruch der Verlage auf einen Teil der Vergütungen der VG WORT zu begründen („a sufficient legal basis for the publisher to claim a share of the compensation“). Diesen Anspruch könnten die Verlage gegen einzelne Autoren und/oder die VG WORT auch einklagen, sobald die Richtlinie entsprechend in nationales Recht umgesetzt wäre. Protest von Autorenverbänden aus 20 Ländern Autorenverbände aus 20 Ländern haben im Oktober eine Petition unterzeichnet, um gegen den betreffenden Artikel 12 der geplanten Neufassung der Urheberrechtsrichtlinie zu protestieren. „Dieser Artikel würde eine schwerwiegende Verletzung der Grundprinzipien des Urheberrechts und der Vertragsfreiheit darstellen“, schreibt die finnische Autoren-Verwertungsgesellschaft sanasto auf ihrer Homepage. „Er würde die Position der Autoren gegenüber den Verlegern in beispielloser Weise schwächen.“ Statt mit ihren Kollegen aus anderen Länder solidarisieren sich die deutschen Schriftsteller jedoch lieber mit dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Verbands, begrüßte im Börsenblatt des Deutschen Buchhandels „diese Stellungnahme von VdÜ und VS in allen Punkten. Sie belegt das starke Interesse von Autoren, Übersetzern und Verlagen, ihre Rechte auch künftig von einer gemeinsamen Verwertungsgesellschaft wie der VG Wort wahrnehmen lassen zu wollen. Es ist zugleich ein deutliches Signal auch an den deutschen Gesetzgeber, die Beteiligung der Verlage an den Ausschüttungen schnell und rechtssicher zu regeln.“ Nebelkerzen Als Begründung für ihr Eintreten gegen die Entscheidungsfreiheit der Autoren führen die Interessenvertreter in ihrer Stellungnahme vier Argumente an, die alle darauf hinauslaufen, eine gemeinsame Verwertungsgesellschaft mit den Verlegern sei besser als zwei getrennte. Darüber kann man zwar verschiedener Meinung sein, aber darum geht es derzeit überhaupt nicht. Es geht vielmehr ausschließlich um die Frage, ob Autoren in Zukunft wieder zwangsweise auf einen Teil des Geldes verzichten sollen, oder ob sie weiterhin frei entscheiden dürfen, den Verlagen etwas abzugeben oder auch nicht. Es hätte ver.di gut zu Gesicht gestanden, wenn die Gewerkschaft der Öffentlichkeit und ihren Mitgliedern klipp und klar gesagt hätte, wofür sie in punkto Verlegerbeteiligung steht und sich auf EU-Ebene einsetzt. Nämlich für die Entmündigung der Autoren. |
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Wir sind eine Gruppe von Autoren, die sich für Urheberrecht und aktuelle Entwicklungen der Verwertungsgesellschaften interessiert. Archiv
Januar 2019
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