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Vg Info

Wir geben 8 auf die VG Wort

Schwarze Kassen bei der VG WORT

28/1/2018

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Im Dezember 2017 hat die VG WORT den Autoren Geld zurückzahlt, das sie über Jahre hinweg rechtswidrig an Verlage ausgeschüttet hatte. 175 Millionen Euro sollen es insgesamt gewesen sein, berichtet das Börsenblatt des Deutschen Buchhandels.
 
Viele Autoren sind allerdings über den im Anschreiben ausgesprochenen „Vorbehalt der Rückforderung“ gestolpert, also darüber, dass sie das Geld möglicherweise an die Verwertungsgesellschaft zurückzahlen sollen. Zwei Gründe sind dafür angegeben, nämlich die Beschwerde des Verlags C.H. Beck vor dem Bundesverfassungsgericht und das laufende Verfahren über bestimmte Rückstellungen, die die VG WORT gebildet hat, um Zahlungsausfälle der Verleger aufzufangen, die das zu Unrecht erhaltene Geld kürzlich zurücküberweisen mussten.
 
Der Verfassungsbeschwerde von C.H. Beck räumen Fachleute keine Chance ein. Sie ist eher als politisches Statement zu betrachten, das Druck auf den Gesetzgeber ausüben soll. Interessanter ist der Verweis auf eine beim Amtsgericht München anhängige Klage, die angeblich – womöglich – zu Rückzahlungsforderungen der VG WORT an die Autoren führen sollen. Die ganze Geschichte ist leider etwas kompliziert.
 
Wer haftet?
 
Die VG WORT hat jahrelang Gelder, die den Autoren zustanden, an Verlage ausgezahlt. Sie hat dies auch noch getan, nachdem sie bereits wusste, dass zumindest umstritten war, wem das fragliche Geld zusteht. Ist eine Rechteinhaberschaft jedoch umstritten, muss eine Verwertungsgesellschaft Zahlungen so lange zurückstellen, bis die Legitimität solcher Ansprüche geklärt ist. Auch hätte sie eine Sicherungspflicht gehabt, da sie damit rechnen musste, die rechtlichen Auseinandersetzungen am Ende möglicherweise zu verlieren (vergl. hierzu BGH-Urteil I ZR 187/12). Für die Entscheidung, den Kopf in den Sand zu stecken und weiter an Verlage auszuzahlen, sind Vorstand und Verwaltungsrat der VG WORT verantwortlich.
 
Die hatten seit dem BGH-Urteil ein Problem: Sie mussten befürchten, das Geld nicht zu 100% von den Verlagen zurückzubekommen. Um die Zahlungsausfälle auszugleichen, entschieden sie, Rückstellungen zu bilden, nämlich aus Geldern, die die Geräteindustrie nachträglich für die Jahre 2002-2007 an die VG WORT gezahlt hat.
 
Das war ein Taschenspielertrick. Denn auch das Geld aus diesen Nachzahlungen steht den Autoren zu, die auf diese Weise die Schulden der Verlage aus der eigenen Tasche bezahlen. Genauer gesagt: Die Autoren, die zwischen 2002 und 2007 Zahlungen von der VG WORT erhalten haben und deshalb jetzt eigentlich einen Anspruch auf die Nachzahlungen der Industrie für diesen Zeitraum haben, bezahlen die Schulden der VG WORT bei jenen Autoren, die seit 2012 Werke bei der VG WORT angemeldet haben.
 
Hokus Pokus Verschwindibus
 
Das Elegante daran: Die Zahlungsausfälle der Verlage fallen kaum noch auf, weil sie ja aus den Rückstellungen ausgeglichen werden. Entsprechend stellt auch niemand die Frage, wer eigentlich für diese Zahlungsausfälle haften müsste. Vielleicht Vorstand und Verwaltungsrat?
 
Aber die wollen nicht. Deshalb haben sie bereits vorgesorgt. Sollte die Klage Erfolg haben, behält sich die VG WORT vor, das im Dezember ausgeschüttete Geld zurückzufordern. Das sollen sie erst mal versuchen, mag man denken. Und in der Tat, werden sie das wohl kaum tun.
 
Denn sie haben bereits beschlossen, eine neue „schwarze Kasse“ zu bilden, also neue Rückstellungen in genau derselben Höhe wie die alten. Diesmal stammt das Geld nach Angaben der VG WORT „aus Einnahmen [...] für Mobiltelefone und Tablets für die Jahre 2012 bis 2016 für sog. stehenden Text“. Erklärt das Gericht es für unzulässig, dass die einen Autoren die Schulden der VG WORT bei den anderen Autoren bezahlen, möchten Vorstand und Verwaltungsrat einfach auf die nächste Tranche an Rückstellungen zurückgreifen. Dagegen müsste dann unter Umständen erneut geklagt werden.
 
Schneeballsystem
 
Sie können nicht mehr folgen? Kein Wunder. Das ist vermutlich der eigentliche Zweck des ganzen Verfahrens. Aber es lässt sich auch viel knapper zusammenfassen:
 
1. Die VG WORT hat Geld zu Unrecht an Verlage ausgeschüttet.
 
2. Sie hat nach dem BGH-Urteil das Geld zurückgefordert, aber nicht zu 100% zurückbekommen.
 
3. Statt die Verantwortung für die Zahlungsausfälle zu übernehmen, haben Vorstand und Verwaltungsrat der VG Wort eine „schwarze Kasse“ gebildet, nämlich Rückstellungen aus neuen Zahlungen der Geräteindustrie, die sie eigentlich hätte ausschütten müssen.
 
4. Auf diese „schwarze Kasse“ hat sie zurückgegriffen, um die Ansprüche der Urheber zu befriedigen, die sich aus dem BGH-Urteil ergeben haben – das war die Ausschüttung vom Dezember 2017.
 
5. Ein Urheber hat gegen diese „schwarze Kasse“ geklagt.
 
6. Vorstand und Verwaltungsrat haben offenbar begonnen, eine Art „Schneeballsystem“ von „schwarzen Kassen“ aufzubauen. Sollten Gerichte die jetzt verwendete Rückstellung für illegal erklären, wollen sie einfach auf die nächste zurückgreifen.
 
Die Beteiligten selbst stellen das natürlich anders dar. Zum Beispiel dieser Autor, der dem Verwaltungsrat der VG WORT angehört. Oder die VG WORT selbst, die es in ihrem Ausschüttungsbrief vom Dezember 2017 mit dem lapidaren Satz zusammenfasst: „Der Kläger wendet sich gegen den Korrektur-Verteilungsplan und spricht der VG WORT die Berechtigung zur Bildung von Rückstellungen und deren Verwendung im Rahmen der Nachzahlungen ab.“ Martin Vogel, der das Urteil vor dem BGH erstritten hat, hat übrigens – wie schon in seinen Artikeln beim Perlentaucher – in einem Schreiben auf die Mitverantwortung der Aufsichtsbehörde für diese „schwarzen Kassen“ hingewiesen. Bislang ist ihm diese eine Antwort schuldig geblieben.
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Neue Klagen gegen VG WORT

2/5/2017

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Wir veröffentlichen hier zwei neue Klagen gegen die VG WORT, welche die Rückabwicklung der rechtswidrigen Ausschüttungen der letzten Jahre angreifen. Während die eine sich gegen das  „Verzichtsmodell“ richtet, mit dem Autoren zugunsten von Verlagen auf Nachzahlungen verzichten können sollen, richtet die andere sich gegen die Rückstellungen, die die VG WORT für Zahlungsausfälle der Verlage gebildet hat.
 
Die Klage gegen das Verzichtsmodell
 
Nachdem der Bundesgerichtshof am 21.04.2016 in seinem Urteil Verlegeranteil entschieden hat, dass die VG WORT seit 2002 zu Unrecht bis zu 50% der den Autoren zustehenden gesetzlichen Vergütungen an Verlage ausgeschüttet hat, hat die VG WORT sich vorgenommen, die rechtswidrigen Ausschüttungen rückabzuwickeln. Die Mitgliederversammlung hat dafür am 26. November 2016 einen „Korrekturverteilungsplan“ beschlossen. Dieser sah unter anderem vor, dass Autoren ihre Auszahlungsansprüche gegen die VG WORT an Verlage abtreten können, damit Letztere das Geld doch nicht zurückzahlen müssen. Da die Autoren in diesem Fall aber für das Geld, das sie gar nicht erhalten, die Umsatzsteuer hätten zahlen müssen, entschied der Verwaltungsrat am 20.12.2016, statt des Abtretungsmodells lieber ein „Verzichtsmodell“ anzuwenden. Autoren sollen nun auf ihre Ansprüche gegen die VG WORT verzichten können, wenn diese im Gegenzug den Verlagen die Schuld erlässt.
 
Warum das unter dem Strich nicht auf dasselbe hinausläuft, haben wir bereits hier erläutert. Der Kläger teilt diese Auffassung anscheinend im Wesentlichen. Kurz gefasst geht es darum, dass Autoren zwar, wenn sie möchten, gern auf Geld verzichten können, das ihnen die VG WORT schuldet. Das berechtigt die VG WORT jedoch nicht, umgekehrt Verlagen irgendwelche Schulden zu erlassen, da beide Forderungen nichts miteinander zu tun haben. Folgerichtig verlangt der Kläger, dass die VG WORT ihm mehr Geld zurückzahlen soll, als sie möchte: nämlich auch einen Teil jener Gelder, auf die andere Autoren zu verzichten bereit sind. Denn dieses Geld, so die Argumentation, muss zwingend wieder in den großen Topf für alle zurückfließen. Logisch, wenn man sich vor Augen hält, dass es nicht die Verlage sind, sondern die VG WORT, die den Autoren Geld schuldet.
 
Die Klage gegen die Rückstellungen
 
Die zweite Klage richtet sich gegen die Rückstellungen, die die VG WORT für den Fall gebildet hat, dass die Verlage das seit 2012 zu Unrecht erhaltene Geld nicht vollständig zurückzahlen können. Denn diese Rückzahlungen speisen sich im Wesentlichen aus Nachzahlungen der Geräteindustrie für die Jahre 2002 bis 2007 (genauere Angaben dazu in der Rede von Vorstandsmitglied Rainer Just – auf der Mitgliederversammlung vom 26.11.2016). Dieses Geld steht nach Ansicht des Klägers ohnehin den Autoren zu. Es darf demnach nicht zum Stopfen von Lücken benutzt werden, die entstanden sind, weil die VG WORT auch nach 2012 weiterhin an Verleger ausgezahlt hat, statt das Geld zurückzustellen – wozu sie nach Ansicht des Klägers (und nach Rechtsprechung des BGH) verpflichtet gewesen wäre. Entsprechend fordert der Kläger seinen Anteil an diesen Rückstellungen ein.
 
Konsequenzen für die Zukunft
 
Obwohl die Frist für die Verzichtserklärungen bereits Ende Februar abgelaufen ist, hat die VG WORT ihre Mitglieder bislang weder darüber informiert, wie viel Geld sie den Verlagen erlassen will, noch wie hoch die Zahlungsausfälle bei den Verlagen sind. Auch weigert sie sich nach wie vor, das Gutachten öffentlich zu machen, auf dessen Grundlage sie sich berechtigt sah, auch nach 2012 weiter an Verlage auszuschütten. Immerhin wird dieses Gutachten nun wohl im Rahmen der anstehenden Prozesse auf den Tisch gelegt werden müssen.
 
Die beiden Klagen kommen nicht überraschend. Auf den letzten drei Mitgliederversammlungen der VG WORT ist entsprechende Kritik an dem Rückabwicklungsverfahren immer wieder geäußert, von Vorstand, Verwaltungsrat und Autorenvertretern jedoch stets als unberechtigt und schädlich für die Solidargemeinschaft zurückgewiesen worden. Es bleibt nun abzuwarten, ob die Gerichte das auch so sehen. Falls nicht, wird die Frage, wer für den entstandenen Schaden haftet, sich noch dringlicher stellen, als dies jetzt schon der Fall ist.
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Bundesregierung will Vorausabtretung von Vergütungsansprüchen wieder einführen

26/4/2017

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Die Bundesregierung will es Autoren in Zukunft wieder ermöglichen, ihre Vergütungsansprüche bereits im Verlagsvertrag an Verlage abzutreten. Das geht aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor. Derzeit ist eine Ausschüttung gesetzlicher Vergütungen an Verlage nur möglich, wenn die Autoren explizit im Nachhinein zustimmen – und zwar gegenüber der Verwertungsgesellschaft, nicht gegenüber dem Verlag.
 
Nachdem der Bundesgerichtshof in seinem Urteil „Verlegeranteil“ (I ZR 198/13) am 21. April 2016 entschieden hatte, dass die Praxis der VG WORT, Verlage an den Ausschüttungen der gesetzlichen Vergütungen zu beteiligen, rechtswidrig sei, hatte die Bundesregierung bereits zum 24. Dezember 2016 das Urheberrecht so geändert, dass Autoren seither freiwillig auf einen Teil ihrer Vergütungen verzichten können. Verleger haben jedoch bislang nur eingeschränkte Möglichkeiten, Autoren entsprechend unter Druck zu setzen. Dies würde sich ändern, wenn, wie von der Bundesregierung beabsichtigt, eine Abtretung bereits im Verlagsvertrag möglich würde. Verleger könnten dann den Abschluss eines Vertrags vom „freiwilligen“ Verzicht der Autoren abhängig machen.
 
Aus Sicht von Kritikern steht indes bereits die Neuregelung vom Dezember 2016 im Widerspruch zum Europarecht. Bereits 2012 hat nämlich der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass das Europarecht den Mitgliedsstaaten aufgibt sicherzustellen, dass der „gerechte Ausgleich“ auch tatsächlich bei den Urhebern ankommt. Diese Anforderung lasse sich „konzeptionell nicht mit der Möglichkeit für die Rechtsinhaber vereinbaren, aurf diesen gerechten Ausgleich zu verzichten“, heißt es im Luksan-Urteil (Randnummer 106). Genau eine solche Verzichtsmöglichkeit stellt jedoch die jüngste Neuregelung dar.
 
Darüber hinaus sind die Antworten der Bundesregierung wenig erhellend. Deutlich wird jedoch, dass es bezüglich der Fehlausschüttungen der VG WORT wenig Aufklärungswillen gibt. Die Bundesregierung weiß nach eigenen Angaben weder, wie viel Geld seit 2002 widerrechtlich an Nichtberechtigte ausgeschüttet wurde, noch ist sie über die Höhe der bisherigen Rückzahlungen informiert. Auch die Frage, wie viele Autoren freiwillig auf Rückzahlungen zu verzichten bereit waren, hat die Bundesregierung nicht so brennend interessiert, dass sie hierzu Angaben der Verwertungsgesellschaft eingefordert hätte.
 
Möglicherweise verdankt sich dieses Desinteresse auch dem Bedürfnis, das Deutsche Patent- und Markenamt nicht in die Schusslinie geraten zu lassen. Die dem Bundesjustizministerium unterstellte Aufsichtsbehörde hat das treuwidrige Verhalten der VG WORT jahrelang unbeanstandet gelassen.
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Protestbrief gegen Verlegerbeteiligung – jetzt auf Englisch

5/3/2017

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Nach der deutschen Fassung unseres Schreibens zur europäischen Neuregelung der Verlegerbeteiligung stellen wir unten nun auch eine englische Version zur Verfügung. Die beiden Fassungen sind nicht textgleich, aber Inhalt und Anliegen sind im Wesentlichen dieselben.
 
Federführend ist für beide Dossiers der Rechtsausschuss (JURI). Wichtig ist vor allem, die Berichterstatter und Schattenberichterstatter anzuschreiben. Für das Copyright-Dossier sind das:
 
Berichterstatterin JURI:
COMODINI CACHIA Therese: therese.comodinicachia@europarl.europa.eu
 
Schattenberichterstatter der Fraktionen:
GERINGER DE OEDENBERG Lidiea Joanna: lidiajoanna.geringerdeoedenberg@europarl.europa.eu
DZAHMBAZKI Angel: angel.dzhambazki@europarl.europa.eu
CAVADA Jean-Marie: jean-marie.cavada@europarl.europa.eu
MAŠTÁLKA Jiří  jiri.mastalka@europarl.europa.eu
REDA Julia: julia.reda@europarl.europa.eu
ADINOLFI Isabella: isabella.adinolfi@europarl.europa.eu
BOUTONNET Marie-Christine: marie-christine.boutonnet@europarl.europa.eu
 
Berichterstatter der mitberatenden Ausschüsse:
ITRE-Ausschuss:
KRASNODĘBSKI Zdzisław: zdzislaw.krasnodebski@europarl.europa.eu
 
IMCO-Ausschuss:
STIHLER Catherine: catherine.stihler@europarl.europa.eu
 
CULT-Ausschuss:
JOULAUD Marc: marc.joulaud@europarl.europa.eu
 
Für das Blinden/Sehbehinderte-Dossier:
 
Berichterstatter JURI:
ANDERSSON Max: max.andersson@europarl.europa.eu
 
Schattenberichterstatter der Fraktionen:
ESTARÀS FERRAGUT Rosa: rosa.estaras@europarl.europa.eu
NEGRESCU Victor: victor.negrescu@europarl.europa.eu
DZHAMBAZKI Angel: angel.dzhambazki@europarl.europa.eu
WIKSTRÖM Cecilia: cecilia.wikstrom@europarl.europa.eu
MAŠTÁLKA Jiří: jiri.mastalka@europarl.europa.eu
ADINOLFI Isabella: isabella.adinolfi@europarl.europa.eu
BOUTONNET Marie-Christine: marie-christine.boutonnet@europarl.europa.eu
 
Berichterstatter der mitberatenden Ausschüsse:
EMPL-Ausschuss:
STEVENS Helga: helga.stevens@europarl.europa.eu
CULT-Ausschuss:
TRÜPEL Helga: helga.truepel@europarl.europa.eu
PETI-Ausschuss:
ESTARÀS FERRAGUT Rosa: rosa.estaras@europarl.europa.eu
 
CC/BCC an uns: winterberg.office@gmail.com
 
Wer sich mehr Arbeit machen möchte, kann gleich alle Mitglieder des federführenden JURI-Ausschuss anschreiben:
http://www.europarl.europa.eu/committees/en/juri/members.html
 
Und am besten auch noch die des mitberatenden CULT-Ausschusses:
http://www.europarl.europa.eu/committees/en/cult/members.html
 

Erste Reaktionen


Mittlerweile erreichen uns die ersten Antworten, darunter natürlich auch negative. So schreibt beispielsweise Helga Trüpel, Mitglied des CULT-Ausschusses, sie könne das Anliegen nicht unterstützen, denn Verlage würden „auch schöpferische Arbeit bei der Herstellung von Büchern leisten“. In solchen Fällen lohnt unter Umständen die Nachfrage, warum eine Beteiligung der Verlage aus Sicht dieser Abgeordneten zu Lasten der Autorinnen und Autoren gehen muss. Denn es gibt mindestens zwei andere Möglichkeiten: einen originären Anspruch auf Kompensation gegenüber der Geräteindustrie (vergl. hierzu Flechsig, MMR 2016, 797- Gerechter Ausgleich für Verleger nach Art. 12 CDSM-RL-E) oder ein eigenes Buchverleger-Leistungsschutzrecht. Darauf können die Parlamentarier auch ruhig hingewiesen werden, selbst wenn man neuen Leistungsschutzrechten kritisch gegenübersteht.
 
 
Hier nun die englische Version:

Dear Sir/Madam,
The European Parliament is currently forming its position on the Commission's copyright package, i.e. the proposal  for a Directive on Copyright in the Digital Single Market (COM (2016) 593 final). 
Article 12 of the Commission’s proposal would allow Member States to entitle publishers to claim a share of the “fair compensation” that the author of a protected work receives for uses of the work made under a copyright exception. 

This ensures that publishers receive a share of the levies that are collected and distributed by collective management organizations (CMO). Currently, however, only rightholders are entitled to ”fair compensation” which must be related to the actual harm or damage they suffer from legal private copying (or other exceptions). This is in line with recent jurisdiction by the European Court of Justice (Luksan, C-277/10, 2012, Reprobel, C-672/13, 2015). Accordingly, national courts have found alternative practises by some collecting societies to be unlawful by European standards.

Germany has recently implemented new legislation that allows authors to waive their claims for compensation at the benefit of their publishers. While this seems to be at odd with Art. 5 (2) (a) and (b) of the InfoSoc Directive and the ECJ's aforementioned rulings, it would even be more unacceptable to introduce a “legal basis for the publisher to claim a share of the compensation” (Art. 12 COM proposal) without the author's explicit consent.

It is equally unacceptable to reduce an author's claim to fair compensation in order to compensate publishers for their work, however important this work may be. If the European Parliament thinks that publishers should be entitled to a share of the payments that CMOs receive from manufacturers (and that are ultimately paid for by consumers), it should either grant them their own original rights or entitle them to a “fair compensation” to be paid by the manufacturing industry rather than by authors and creators. The first step in this direction should be an impact assessment, which the Commission has not yet undertaken for Article 12.
As you are a member of at least one of the committees that is currently debating the issue, I would like to kindly ask you

to table an amendment for the removal of article 12 from the Proposal for a Directive on Copyright in the Digital Single Market (COM (2016) 593 final).

I would also appreciate your support for not further negotiating this matter in context with the implementation of the Marrakesh Treaty to Facilitate Access to Published Works by Visually Impaired Persons and Persons with Print Disabilities (MVT). It clearly is an issue related to the copyright package, and should not be discussed out of context with the other provisions the Commission has proposed for amending Directive 2001/29/EC.

Thank you for your time,
Sincerely,

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Rückblick: Bundestagsdebatte zur Verlegerbeteiligung

6/2/2017

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Am 15. Dezember 2016 wurde das Thema Verlegerbeteiligung im Deutschen Bundestag erörtert. Nicht als eigenständiger Tagesordnungspunkt, sondern am Rande einer Debatte über das neue Urhebervertragsrecht. Die Regierungskoalition hatte die Neuregelung zur Verlegerbeteiligung in Form eines Änderungsantrags an den bereits vorliegenden Gesetzentwurf zum Urhebervertragsrecht angehängt. Auf diese Weise konnte sie das Erfordernis umgehen, dass eigentlich jedes Gesetz in zwei Lesungen beschlossen werden muss.
Insgesamt Insgesamt nahmen 32 von 630 Mitgliedern des Deutschen Bundestags an der Debatte teil (Zählung nach Bild). Beschlussfähig ist der Bundestag, wenn mehr als die Hälfte seiner Mitglieder im Sitzungssaal anwesend ist. Wenn jedoch keine Fraktion aktiv Zweifel an der Beschlussfähigkeit anmeldet, gilt sie aufgrund einer gesetzlichen Vermutung als gegeben.

Den Beschluss des Deutschen Bundestags haben wir bereits hier kommentiert. In diesem Beitrag stellen wir auf der Basis von Auszügen aus dem Plenarprotokoll die Äußerungen der Redner zum Thema Verlegerbeteiligung zusammen.

Christian Flisek, SPD, spricht das Thema nicht an.

Petra Sitte, LINKE:
[...] wird den Urhe­berinnen und Urhebern empfohlen, einen Teil ihrer oft spärlichen Einkünfte über die sogenannte Verlegerbetei­ligung an den Ausschüttungen der Verwertungsgesell­schaften wieder abzugeben.
(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Solche Texte werden doch nie gelesen!)
Mir haben, genauso wie Ihnen, große und profitable Ver­lagshäuser, aber eben auch gebührenfinanzierte Anstalten des öffentlichen Rundfunks geschrieben, dass sie quasi nur überleben können, wenn die Urheberinnen und Ur­heber ihnen etwas von deren ureigenen Einnahmen abge­ben.Ich muss schon sagen: Dies ist an Gier kaum noch zu toppen.
Dieses Beispiel lässt erahnen, dass mit der vorgeschla­genen Regelung wieder die Starken gestärkt werden.Sie werden nämlich die Chance nutzen und die Verlegerbe­teiligung zur Bedingung für Vertragsabschlüsse machen.Dann wird aus Ihrer Gesetzesregelung „Die Urheberin­nen und Urheber können etwas von ihren Einnahmen abgeben“ im Alltag schnell: Sie müssen etwas abge­ben. – Dann sind wieder die Kreativen diejenigen, die das Nachsehen haben, weil es ein Abhängigkeitsverhält­nis gibt.
(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Ohne Verlag kein Buch!)
Natürlich gibt es auch Verlage, die wertvollste, aber eben nicht marktgängige Kulturprodukte anbieten, etwa aufwendige Produktionen im Kunst- und Lyrikbereich.Diese Hüter kultureller Vielfalt sind selbstverständlich auf jeden Cent angewiesen.Allerdings: Die VG WORT hat im aktuellen Ausschüttungsstreit gerade gegenüber solchen Verlagen durchaus kulante Rückzahlungsmoda­litäten angeboten.Perspektivisch wäre es aus der Sicht der Linken sinnvoll, kleine und mittlere Literatur- und Kunstverlage in die Kulturförderung mit aufzunehmen und sie so gewissermaßen vom Marktdruck zu entlasten.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg.Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Dass das nun wiederum kein sozialistisches Traum­schloss ist – ich höre schon so manchen von der Uni­on –, sondern funktionierende Realität, kann man sich zum Beispiel in Österreich ansehen.Die Koalition aber verfehlt lieber das dringend zu erreichende Ziel, die Ver­handlungsposition der Kreativen nachhaltig zu stärken, weil die Union wieder einmal lieber auf der Seite der Verwertungsindustrie steht.

Elisabeth Winkelmeier-Becker, CDU:
Wir legen hier die Grundlage dafür, dass Verlage auch weiterhin an den Erlösen aus den Verwer­tungsgesellschaften beteiligt werden können.Das ist eine seit Jahrzehnten gelebte und bewährte Praxis; denn zu­sammen sind an dieser Stelle die Urheber und die Verla­ge stärker. Unter dem Strich profitieren sie beide davon, dass die Verwertungsgesellschaften die gemeinsamen Rechte gegenüber Dritten durchsetzen, und zwar trotz aller unterschiedlichen Interessen, die ansonsten beste­hen.Wir leisten hier einen ganz wichtigen Beitrag für das Überleben von Verlagen, vor allem der kleinen und mittleren Verlage, auf den diese auch dringend warten. Deshalb ist es gut, dass das Gesetz morgen schon schnell in den Bundesrat geht und dort voraussichtlich auch ver­abschiedet wird.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, noch einmal kurz zu unterstreichen, welche Bedeutung die Verlage haben, weil von Ihnen schon wieder kritisiert wurde, dass wir diese Möglichkeit einräumen.Gäbe es die Verlage nicht, dann hätten wir viele Werke nicht, vor allem nicht in die­ser Qualität.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg.Dr. Johannes Fechner [SPD])
Wir hätten viele Autoren nicht, wenn die Verlage ihnen nicht helfen würden, die Durststrecke von dem ersten Werk bis zur Entdeckung und bis zum Erfolg zu über­stehen.
Ich möchte noch etwas unterstreichen, wofür wir die Verlage brauchen. Wir reden im Moment sehr viel über die Informationsflut im digitalen Zeitalter, die über uns hereinbricht, bei der man das Wichtige gar nicht mehr vom Unwichtigen unterscheiden kann.Wir reden über Fake News, bei denen die Verlässlichkeit und der Wahr­heitsgehalt von Informationen nicht mehr überprüft wer­den können. Auch hier haben die Verlage eine ganz wich­tige Funktion; denn sie stehen mit ihren Namen dafür, dass hier journalistische Qualitätsstandards eingehalten werden.
(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist die Haupt­arbeit!)
Sie unterscheiden beim Angebot das Wichtige vom Unwichtigen und stehen mit ihrem Namen auch für einen zumindest relativen Wahrheitsgehalt ihrer Nachrichten. Das ist ein wichtiger Dienst an der De­mokratie und der Meinungsvielfalt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Lasst uns deshalb die Verlage nicht unterschätzen. Sie sind ganz wichtig und haben eine große Bedeutung. In diesem Sinne: Es ist ein gutes Gesetz, das möglichst bald in Kraft stehen sollte.

Renate Künast, Grüne:
Wenn ich mir die Verlagsbeteiligung anschaue, dann muss ich Ihnen sagen: Ich finde sie immer noch nicht hinreichend geregelt. Als ich Frau Winkelmeier-Becker im Ausschuss die Frage stellte, wie es jetzt eigentlich mit der Stimmberechtigung aussieht und ob die Verlage bei der Abstimmung darüber, wie gezahlt wird, das volle Stimmrecht haben oder nicht, konnte sie mir diese Frage nicht beantworten.
Was haben Sie sich bei dieser Regelung gedacht? Das meine ich gar nicht negativ, sondern ich stelle die Frage nur im Sinne einer guten Gesetzesberatung. Die Gremien legen die Höhe des Verlegeranteils fest, oder? Das sage ich auch unter dem Gesichtspunkt, dass Verlage Geld brauchen, gerade kleine und mittelständische. Ich bin gar nicht gegen die Verlagsbeteiligung. Aber ich sage Ihnen: Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BGH und deren Auflage, die Vergütung neu zu regeln, hätte man sich das Ganze genauer überlegen müssen.
In dem Gesetzentwurf steht nun: Der Urheber kann seine Rechte abtreten. – Aber die Urheber könnten das auch heutzutage schon machen, niemand hindert sie nach jetzigem Recht daran. Diese Kannvorschrift wird sich meines Erachtens am Ende so auswirken, dass schon in den Verträgen steht: Ich bin, wenn das Werk angemel­det ist, zu einer Verlagsbeteiligung bereit. – Damit haben wir, da wir das Wort „angemessen“ nicht definiert haben, im Vergleich zu heute überhaupt nichts gewonnen, meine Damen und Herren. Ich glaube, der Druck bleibt an vie­len Stellen trotz des Anspruchs auf Auskunft bestehen.

Siegmund Ehrmann, SPD:
Ich komme zur Verlegerbeteiligung. Dieser Punkt ist von der Vorrednerin aus der Union zu Recht angespro­chen worden. Die Bedingungen im Buchmarkt zeigen ein symbiotisches Verhältnis der Autoren zu den Verlagen. Es hat sich dort über viele Jahrzehnte eine Praxis herausgebildet, die nun durch die Rechtsprechung des Eu­ropäischen Gerichtshofes, aber auch durch die nationale Rechtsprechung in Zweifel gezogen wurde. Ich erinnere nur an das Vogel-Urteil.
Ich denke, es ist mit dieser Novelle gelungen, die von den Richtern festgestellte Lücke einigermaßen rechtssi­cher zu schließen, um hier Klarheit zu schaffen. Ich fin­de, das ist ein guter Weg, der beschritten wird. Es bleibt noch einiges zu tun, damit das auch europarechtlich was­serdicht ist. Da ist eindeutig noch Handlungsbedarf.Ich freue mich, dass wir in dieser Novelle zum Urheberver­tragsrecht auch diesen Aspekt haben regeln können.

Zusammenfassung
Die LINKE bezweifelt, dass die Verlage nur überleben können, wenn die Autoren ihnen Ansprüche abtreten. Sie bezweifelt auch, dass die Abtretung an Verlage freiwillig bleiben wird. Und sie meint, wenn kleine Verlage gerettet werden müssten, sei das ein Fall für die Kulturförderung, nicht für's Urheberrecht. Aus Sicht der CDU geht es bei der Verlegerbeteiligung in den Verwertungsgesellschaften in erster Linie um einen Beitrag zum Überleben von Verlagen, die man dringend braucht, um sich gegen Google & Co. durchzusetzen und Fake News etwas entgegenzusetzen. Die Grünen haben viele Fragen zu dem Gesetzentwurf. Sie sind nicht gegen die Verlegerbeteiligung, meinen aber, man hätte sich die Regelung vor dem Hintergrund der Rechtsprechung von BGH und EuGH genauer überlegen sollen. Wie die LINKE, haben auch sie Zweifel, ob es bei der Freiwilligkeit der Rechteabtretung bleiben wird. Die SPD sieht vor allem die Notwendigkeit, auf die Rechtsprechung von EuGH und BGH zu reagieren. Sie betrachtet die nationale Regelung als einen ersten Schritt auf dem Weg zu einer europäischen Neuregelung.

Die einzige Fraktion, die sich in dieser Debatte klar gegen eine Verlegerbeteiligung ausspricht, ist also die LINKE. Verlagsförderung sei nicht Aufgabe der Urheber, sondern der Kulturpolitik, so die Begründung. Die CDU/CSU steht eher auf Seiten der Verlage – Interessen der Urheber spielen für die Union erkennbar keine Rolle. Die Grünen lassen durchblicken, den Gesetzentwurf nicht wirklich durchdrungen zu haben. Weil „Verlage Geld brauchen, gerade kleine und mittelständische“, befürworten jedoch auch sie die Verlegerbeteiligung. Am klarsten ist die Sachlage für die SPD: Zwischen Verlagen und Autoren bestehe ein „symbiotisches Verhältnis“, deshalb müsse man die Rechtsprechung von BGH und EuGH zur Verlegerbeteiligung korrigieren.

Damit deutet SPD-Redner Siegmund Ehrmann zumindest an, dass der Bundestag an diesem 15. Dezember 2016 eine Regelung beschlossen hat, deren Vereinbarkeit mit europäischem Recht fragwürdig ist. Kaum anders lässt sich seine Aussage interpretieren, mit der Novelle sei eine Lücke zwar „einigermaßen rechtssicher“ geschlossen worden, es bleibe aber „noch einiges zu tun, damit das auch europarechtlich wasserdicht ist“. Mehr Details zu dieser Frage kann man hier nachlesen.

Der Bundesgerichtshof hatte im April 2016 unter Verweis auf das Europarecht die pauschale Verlegerbeteiligung für rechtswidrig erklärt.

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EU plant Beteiligungsanspruch gegen Urheber

30/1/2017

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Schon seit Langem steht den Kreativen in der Europäischen Union ein „gerechter Ausgleich“ dafür zu, dass ihre Werke im Rahmen der Privatkopie-Ausnahme vervielfältigt werden (Art. 5.2 (a) Infosoc-RL). Sie können nicht verbieten, dass ihre Werke privat kopiert werden, und auch kein Geld dafür verlangen. Diese Einschränkung ihrer Verfügungsgewalt über das Werk wird dadurch kompensiert, dass die Nutzer für Privatkopien eine pauschale Vergütung bezahlen. Sie ist enthalten in Leermedien und kopierfähigen Geräten und wird über Verwertungsgesellschaften an die Urheber weitergeleitet. Der „gerechte Ausgleich“ bemisst sich der Höhe nach am „Schaden“, der dem Urheber durch die Kopien entsteht. Dieser wird wiederum in Abhängigkeit von der Intensität der Nutzung berechnet. Grob gesagt: Man geht davon aus, dass Werke, die viel verkauft werden, auch oft kopiert werden. Für Geräte, mit denen viel kopiert wird, müssen die Hersteller und Importeure höhere Abgaben zahlen.
Verteilt werden diese Einnahmen, die sogenannten „gesetzlichen Vergütungen“, an die originären Anspruchsberechtigten. Das sind Urheber, also Autoren, Komponisten oder andere Kreative, sowie Leistungsschutzberechtigte, also zum Beispiel Musiker, Film- oder Musikproduzenten. Verleger dürfen an diesen Ausschüttungen nicht beteiligt werden, da sie weder über Urheberrechte verfügen noch über Leistungsschutzrechte (abgesehen vom bislang eher bedeutungslosen Leistungsschutzrecht für Presseverleger). Sie sind darauf angewiesen, ihr Geschäft über die Hauptrechte zu machen, also den Verkauf von Büchern.

In seinem Luksan-Urteil von 2012 musste der Europäische Gerichtshof (EuGH) über die Frage entscheiden, ob ein Mitgliedsstaat der Europäischen Union gesetzliche Regelungen schaffen kann, die es ermöglichen, dass Urheber zugunsten Dritter auf diese Einnahmen verzichten, also beispielsweise zugunsten von Verlegern. Die Antwort fiel deutlich aus: Es ergebe sich „hinsichtlich des Anspruchs auf gerechten Ausgleich, der den Urhebern im Rahmen der Privatkopieausnahme geschuldet wird, aus keiner Bestimmung der Richtlinie 2001/29, dass der Unionsgesetzgeber die Möglichkeit eines Verzichts des Anspruchsberechtigten ins Auge gefasst hätte.“ (Randnummer 105). Im Übrigen sei dem Mitgliedsstaat eine „Ergebnispflicht“ in dem Sinne auferlegt, „dass er im Rahmen seiner Zuständigkeiten eine wirksame Erhebung des gerechten Ausgleichs, der den Inhabern der verletzten Rechte den entstandenen Schaden ersetzen soll, sicherstellen muss, da diesen Bestimmungen sonst jede praktische Wirksamkeit genommen würde [...]. Den Mitgliedstaaten eine solche Ergebnispflicht zur Erhebung des gerechten Ausgleichs für die Rechtsinhaber aufzuerlegen, lässt sich [...] konzeptionell nicht mit der Möglichkeit für die Rechtsinhaber vereinbaren, auf diesen gerechten Ausgleich zu verzichten.“ (Randnummer 106)

In seinem Reprobel-Urteil von 2015 musste der EuGH darüber entscheiden, ob es einem Mitgliedsstaat erlaubt ist, „einen Teil des den Rechtsinhabern zustehenden gerechten Ausgleichs den Verlegern der von den Urhebern geschaffenen Werke zu gewähren“ (Randnummer 44). Auch hier fiel die Antwort eindeutig aus: Verleger seien keine Rechteinhaber, folglich entstehe ihnen durch die Nutzung auch kein Nachteil. „Sie können daher keinen Ausgleich aufgrund dieser Ausnahmen erhalten, wenn dadurch den Inhabern des Vervielfältigungsrechts der gerechte Ausgleich, auf den sie aufgrund dieser Ausnahmen Anspruch haben, ganz oder teilweise entzogen wird.“ (Randnummer 48)

Kurz: Es darf auf nationaler Ebene kein Gesetz geben, das im Ergebnis darauf hinausläuft, dass Urheber zugunsten von Verlagen auf ihre Ansprüche verzichten oder dass ein Teil dieser Ansprüche von vornherein den Verlegern zugesprochen wird. Beides würde aus Sicht des EuGH den Anspruch auf einen gerechten Ausgleich, der zum Schutz des Urhebers geschaffen wurde, unterlaufen.

Daher konnte der Deutsche Bundestag bislang keine europarechtskonforme Regelung schaffen, die eine Fortsetzung der bisherigen Ausschüttungspraxis der Verwertungsgesellschaften ermöglicht hätte. Im Zuge der Überarbeitung der europäischen Urheberrechts-Richtlinie soll sich das nun aber ändern. Der Entwurf für einen Artikel, der die Verlegerbeteiligung ermöglichen soll, liegt bereits vor. Hier der Text:

Artikel 12

Ausgleichsansprüche
Die Mitgliedstaaten können festlegen, dass für den Fall, dass ein Urheber einem Verleger ein Recht übertragen oder diesem eine Lizenz erteilt hat, diese Übertragung oder Lizenzierung eine hinreichende Rechtsgrundlage für den Verleger darstellt, einen Anteil am Ausgleich für die Nutzungen des Werkes zu beanspruchen, die im Rahmen einer Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf das übertragene oder lizenzierte Recht erfolgt sind.

(Hier der KOM-Entwurf, hier das Procedure File)

Das bedeutet: Wenn der Urheber das Hauptrecht einem Verlag übertragen hat, hat der Verlag einen Anspruch auf das Geld, das der Urheber aus Schrankennutzungen dieses Werks erhält. Wenn also der Urheber dem Verlag das Recht einräumt, sein Werk zu vervielfältigen (was er natürlich tut, sonst gäbe es ja kein Buch), dann soll der Verlag auch einen Anspruch gegen den Urheber haben, einen Teil der Einnahmen aus der Privatkopie-Ausnahme (eine sogenannte Schrankennutzung) abzubekommen.

Diese Systematik ist gänzlich neu. Bislang ist das Urheberrecht stets so gestaltet, dass Urheber Ansprüche gegenüber Nutzern haben. Nutzer müssen zahlen, wenn sie ein Werk nutzen wollen. Verlage bezahlen Autoren dafür, dass sie ein Werk als Buch drucken dürfen. Bei iTunes oder Spotify bezahlen Endnutzer eine Lizenz, damit sie Musik downloaden oder streamen können. Zeitungen bezahlen Fotografen dafür, dass sie Fotos abdrucken dürfen. In all diesen Fällen zahlt der Nutzer also an den Urheber.

Die geplante Regelung zur Verlegerbeteiligung dreht dieses Prinzip um. In Zukunft soll nicht der Nutzer an den Verlag zahlen, sondern der Verlag erhält einen Rechtsanspruch gegen den Urheber. Dieser soll verpflichtet werden, ihm einen Teil seines „gerechten Ausgleichs“ aus der Privatkopieabgabe abzugeben.

Ob eine solche Regelung mit dem Konzept des „gerechten Ausgleichs“ vereinbar ist, erscheint fraglich. Schließlich wird der Urheber auf diese Weise genötigt, ohne jede Gegenleistung auf einen Teil dieses Ausgleichs zu verzichten, was noch nicht einmal durch ein Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt wird. Einen solchen Verstoß gegen Art. 17 der EU Charta müsste man allerdings wiederum erst bis zum EuGH durchklagen.

Ob und wann die Regelung in Kraft tritt, ist noch unklar. Wie David Hammerstein berichtet, drängt Deutschland derzeit darauf, den Artikel aus dem Urheberrechtspaket herauszulösen und in das Dossier zur Umsetzung des Marrakesh Treaty zu verschieben, damit die Regelung schneller in Kraft treten kann. Die Umsetzung dieses Vertrags, in dem es um Urheberrechtsausnahmen für Blinde und Sehbinderte geht, wird, wie informierte Kreise berichten, seit Monaten von der Bundesregierung blockiert. Sie könnte diese Blockade aufgeben, wenn die anderen Länder im Gegenzug die Regelung zur Verlegerbeteiligung ohne viel Aufhebens durchwinken. Doch dieses Vorgehen wirkt insgesamt so wenig abgestimmt, dass es kaum Aussicht auf Erfolg haben dürfte.
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Bundestag will europarechtswidrige Verlegerbeteiligung beschließen

13/12/2016

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Dieser Text ist ein Update zu dem bereits vorgestern hier veröffentlichten Text.

Nachdem der Bundesgerichtshof am 21. April 2016 entschieden hat, dass die VG WORT seit Jahrzehnten rechts- und treuwidrig einen Verlegeranteil ausgeschüttet hat und auch in Zukunft nur noch an Autoren und nicht mehr an Verlage ausschütten darf (I ZR 198/13 – Verlegeranteil), hat das BMJV im Juli 2016 einen Regelungsvorschlag gemacht, mit dem es dieses Urteil weitgehend rückgängig machen möchte. Mit leichten Änderungen entspricht diesem Vorschlag ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum Urhebervertragrecht, der vginfo.org vorliegt und noch diese Woche im Deutschen Bundestag beschlossen werden soll.
 
Dem Bestreben, Verleger auch in Zukunft an den Vergütungen der Urheber zu beteiligen, steht derzeit noch das Europarecht im Wege. Denn mit seinem Reprobel-Urteil hat der Europäische Gerichtshof eine Entscheidung getroffen, um die auch der deutsche Gesetzgeber nicht herumkommt. Sie betrifft die Frage, wie die Regelung zum „gerechten Ausgleich“ in der europäischen Urheberrechtsrichtlinie auszulegen ist. In dem betreffenden Artikel 5 geht es, knapp gesagt, darum, wer das Geld bekommen soll, das über Pauschalabgaben, wie sie im Preis von Kopiergeräten und Speichermedien enthalten sind, für (legale) private Kopien bezahlt wird. Auf dieses Geld, die so genannten „gesetzlichen Vergütungen“, haben nach Meinung des EuGH nur die Urheber einen Anspruch, nicht jedoch die Verleger. Ein nationales Gesetz, das einen Teil der Autorengelder doch den Verlegern zuschanzt, ist unzulässig, so der EuGH (Urteil, siehe Randnummern 44-49).
 
Weder nach EU-Recht noch nach deutschem Recht haben Verleger derzeit ein „Leistungsschutzrecht“ oder eine sonstige vergleichbare Rechtsposition inne – in der oben erwähnten Urheberrechtsrichtlinie sind sie in Artikel 2 nicht aufgeführt. Deshalb können sie „keinen Ausgleich aufgrund dieser Ausnahmen erhalten, wenn dadurch den Inhabern des Vervielfältigungsrechts der gerechte Ausgleich, auf den sie aufgrund dieser Ausnahmen Anspruch haben, ganz oder teilweise entzogen wird“, heißt es in Randnummer 48 des Reprobel-Urteils. Zuvor hatte der EuGH bereits in seinem Luksan-Urteil festgehalten, dass die Mitgliedsstaaten sicherstellen müssen, dass der „gerechte Ausgleich“ unbedingt beim originären Rechteinhaber ankommt. Dies sei „konzeptionell nicht mit der Möglichkeit für die Rechtsinhaber zu vereinbaren, auf diesen gerechten Ausgleich zu verzichten“, heißt es in Randnummer 106 des Urteils.
 
Über beide Urteile will sich der deutsche Gesetzgeber nun hinwegsetzen. Bis zu einer Änderung des Europarechts (der entsprechende Vorschlag hier) soll eine „Übergangslösung“ greifen, die es erlaubt, die Verleger weiter zu beteiligen, obwohl sie nach dem derzeit geltenden europäischen Recht nicht mehr beteiligt werden dürfen. In der Praxis braucht eine solche Regelung nicht europarechtskonform zu sein, sondern nur gut genug, um der VG WORT einen Vorwand zu liefern, ihre jetzige illegale Praxis beizubehalten. Es müsste dann erst wieder jemand dagegen klagen – und bis dahin dürfte eine europäische Neuregelung in Kraft sein.
 
Wie sehen die geplanten Regelungen aus?
 
Es wird zunächst ein neuer § 27 (2) VGG vorgeschlagen:

„Nimmt die Verwertungsgesellschaft Rechte für mehrere Rechtsinhaber gemeinsam wahr, kann sie im Verteilungsplan regeln, dass die Einnahmen aus der Wahrnehmung dieser Rechte unabhängig davon, wer die Rechte eingebracht hat, nach festen Anteilen verteilt werden.“
 
Es soll also in Zukunft nicht mehr darauf ankommen, wer Rechte in eine Verwertungsgesellschaft einbringt. Der zivilrechtliche Prioritätsgrundsatz soll für den Bereich der Verwertungsgesellschaften außer Kraft gesetzt werden.
 
Bisher sieht die Sache wie folgt aus: Ein Urheber unterschreibt einen Wahrnehmungsvertrag mit der Verwertungsgesellschaft und überträgt ihr Rechte. Folglich steht ihm der Ertrag zu, den die Verwertungsgesellschaft mit diesen Rechten erzielt. Wenn er hinterher einen Verlagsvertrag unterschreibt, kann er dieselben Rechte nicht ein zweites Mal übertragen. Der Verlag kann sie seinerseits also auch nicht in die Verwertungsgesellschaft einbringen und folglich auch kein Geld von ihr bekommen.
 
Für gesetzliche Vergütungsansprüche, also das Geld aus der Privatkopieabgabe, spielt diese Neuregelung keine Rolle. Sie stehen schon europarechtlich allein den Urhebern zu, unabhängig davon, ob der Verlag oder der Autor sie in die Verwertungsgesellschaft einbringt. Das geht aus dem erwähnten Reprobel-Urteil klar hervor. Verleger können, sofern gesetzliche Vergütungsansprüche betroffen sind, also keine Rechtsinhaber sein, da die Urheber ihnen ihre Ansprüche im Vorhinein nicht abtreten können. Selbst, wenn sie dies im Nachhinein täten, müsste der „gerechte Ausgleich“, den die Privatkopieabgabe darstellt, dem EU-Recht zufolge unbedingt bei den Urhebern ankommen.
 
Anders sieht es bei Lizenzen und Nutzungsrechten jenseits der Pauschalvergütung aus, die bei der GEMA den größten Anteil ausmachen. Hier kommt es durchaus darauf an, bei wem die Rechte liegen. Wenn ein Musikurheber einen Wahrnehmungsvertrag mit der GEMA abgeschlossen hat, kann er die Rechte, die er ihr zur Wahrnehmung übertragen hat (etwa Rechte der öffentlichen Wiedergabe), bislang nicht noch einmal einem Verlag übertragen. Folglich darf die GEMA den Verlag auch nicht an den Ausschüttungen beteiligen. Wenn es in Zukunft aber nicht darauf ankommen soll, wer die Rechte (zuerst) in die Verwertungsgesellschaft eingebracht hat, könnten Verlage sich auf im Nachhinein abgeschlossene Verlagsverträge berufen, um doch wieder einen Teil des Geldes der Urheber abzuschöpfen.
 
Ob diese Regelung hält, ist unklar. Der Prioritätsgrundsatz ist schließlich ein allgemein zivilrechtliches Prinzip: Es gilt immer nur die zuerst erfolgte Rechteübertragung. Dieses Prinzip gesetzgeberisch allein im Bereich der Verwertungsgesellschaften außer Kraft zu setzen, um auf diese Weise den Urheber um einen Teil seiner Ansprüche gegen die Verwertungsgesellschaft zu bringen, dürfte kaum mit dem grundgesetzlichen Schutz von dessen Eigentumsrechten in Einklang zu bringen sein. Da aber der Gesetzgeber die vorgeschlagene Regelung bloß als „Übergangslösung“ bis zu einer europäischen Neuregelung sieht, fällt dieser Einwand praktisch wohl nicht ins Gewicht.
 
Der geplante § 27a VGG bezieht sich hingegen ausschließlich auf gesetzliche Vergütungsansprüche, also auf die Pauschalabgaben:
 
„Nach der Veröffentlichung eines verlegten Werks oder mit der Anmeldung des Werks bei der Verwertungsgesellschaft kann der Urheber gegenüber der Verwertungsgesellschaft zustimmen, dass der Verleger an den Einnahmen aus den in § 63a Absatz 1 Satz 1 des Urheberrechtsgesetzes genannten gesetzlichen Vergütungsansprüchen beteiligt wird.“
 
Hierzu muss man wissen, dass der BGH in seinem Urteil zur Verlegerbeteiligung (I ZR 198/13 – Verlegeranteil) ein kleines Schlupfloch gelassen hat. Zwar dürfen und durftem diesem Urteil zufolge Verlage nicht an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften beteiligt werden: Allein die Urheber haben einen Anspruch auf die gesetzlichen Vergütungen. Möglich ist es aber, dass Urheber ihre entsprechende Ansprüche nach deren Entstehung an Verlage abtreten. Einfacher gesagt: Der Urheber kann, wenn er das Geld der VG WORT nicht haben will, diese anweisen, es lieber seiner Oma, dem Tierschutzverein oder auch einem Verlag zu überweisen. Logisch – denn natürlich verbietet das Gesetz dem Urheber nicht, über sein eigenes Geld zu verfügen.
 
In dieses Schlupfloch versucht der Gesetzgeber nun einen Keil zu treiben, offenbar mit dem Ziel, den Verlagen wieder eine nicht unerhebliche Geldeinnahme zu ermöglichen. Die Abtretung des Auszahlungsanspruchs an Verlage soll sozusagen institutionalisiert werden, indem der Urheber sich nicht mehr aktiv darum kümmern muss, auf seine Ansprüche zu verzichten. Er soll nur noch der jeweiligen Verwertungsgesellschaft ein Formular unterschreiben und danach möglichst wenig von dem Ganzen mitbekommen.
 
Auch bei dieser Regelung ist unklar, ob sie haltbar sein wird. Denn dem BGH-Urteil zufolge kann der Urheber erst nach Entstehung seiner Vergütungsansprüche zugunsten des Verlages auf diese verzichten. Der Gesetzgeber legt nun als „einheitlichen und praktisch besser bestimmbaren Zeitpunkt“ den der Veröffentlichung oder der Anmeldung bei der Verwertungsgesellschaft fest. Das Problem dabei: Wenn das Werk veröffentlicht ist, sind die entsprechenden Ansprüche des Urhebers noch gar nicht entstanden (vgl. z.B. Flechsig: Entstehung und Abtretung gesetzlicher Vergütungsansprüche, GRUR 11/2016).
 
Schließlich soll sowohl in § 27 (2) als auch in § 27a (2) VGG noch festgelegt werden, dass die Verwertungsgesellschaft feste Quoten für eine Beteiligung der Verleger an Vergütungsansprüchen der Urheber festlegen können soll, sofern diese entsprechende Ansprüche abtreten. Auch das ist eine äußerst fragwürdige Regelung. Sie bedeutet letztlich, dass nicht der Urheber selbst, sondern die Verwertungsgesellschaft über die Höhe einer etwaigen Abtretung entscheidet. Mit dem Eigentumsrecht des Urhebers dürfte dies nicht in Einklang zu bringen sein.
 
Unter dem Strich bedeutet das: Der Gesetzgeber ist bemüht, die Auswirkungen des BGH-Urteils zur Verlegerbeteiligung weitestgehend abzuschwächen, damit Verlage auch in Zukunft auf Kosten der Urheber an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften beteiligt werden können. Die geplanten Regelungen sind im Detail rechtlich angreifbar, da sie nicht zuletzt einen klaren Verstoß gegen das Reprobel-Urteil des EuGH darstellen.
 
Von der Initiative Urheberrecht, den Gewerkschaften oder den Autorenvertretern gibt es bislang keine Kritik an dem Entwurf.
 
Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags hat am 6. Juli 2016 eine Anhörung zu dem ursprünglichen Entwurf des BMJV durchgeführt. Lesenswert sind aus unserer Sicht vor allem die Stellungnahmen von Urs Verweyen und Henry Steinhau.
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Bundesjustizministerium (BMJV) schlägt Übergangsregelung für Verlegerbeteiligung vor

12/12/2016

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PictureÜbergangsregelung als Ausweg?















Nachdem der Bundesgerichtshof am 21. April 2016 entschieden hat, dass die VG WORT seit Jahrzehnten rechts- und treuwidrig einen Verlegeranteil ausgeschüttete hat und auch in Zukunft nur noch an Autoren und nicht mehr an Verlage ausschütten darf (I ZR 198/13 – Verlegeranteil), hat das BMJ im Juli 2016 einen Regelungsvorschlag gemacht, mit dem es dieses Urteil weitgehend rückgängig machen möchte. Diesem Bestreben steht allerdings derzeit noch das Europarecht im Wege. Denn mit seinem Reprobel-Urteil hat der Europäische Gerichtshof eine Entscheidung getroffen, um die auch der deutsche Gesetzgeber nicht herumkommt.

Sie betrifft die Frage, wie die Regelung zum „gerechten Ausgleich“ in der europäischen Urheberrechtsrichtlinie auszulegen ist. In dem betreffenden Artikel 5 geht es, knapp gesagt, darum, wer das Geld bekommen soll, das über Pauschalabgaben, wie sie im Preis von Kopiergeräten und Speichermedien enthalten sind, für (legale) private Kopien bezahlt wird. Auf dieses Geld, die so genannten „gesetzlichen Vergütungen“, haben nach Meinung des EuGH nur die Urheber einen Anspruch, nicht jedoch die Verleger. Ein nationales Gesetz, das einen Teil der Autorengelder doch den Verlegern zuschanzt, ist unzulässig, so der EUgH (Urteil, siehe Randnummern 44-49). Denn weder nach EU-Recht, noch nach deutschem Recht haben Verleger derzeit ein "Leistungsschutzrecht" oder eine sonstige vergleichbare Rechtsposition inne - in der oben erwähnten Urheberrechtsrichtlinie sind sie in Art. 2 nicht aufgeführt.
 
Bis zu einer Änderung des Europarechts (der entsprechende Vorschlag hier) möchte das BMJV deshalb eine „Übergangslösung“ finden, die es erlaubt, die Verleger weiter zu beteiligen, obwohl sie nach dem derzeit geltenden europäischen Recht nicht mehr beteiligt werden dürfen. In der Praxis braucht eine solche Regelung nicht hundertprozentig europarechtskonform zu sein, sondern nur gut genug, um der VG WORT einen Vorwand zu liefern, ihre jetzige illegale Praxis beizubehalten. Es müsste dann erst wieder jemand dagegen klagen – und bis dahin dürfte eine europäische Neuregelung in Kraft sein. Das BMJV will also, wie es selbst formuliert, „Regelungen schaffen, die klarstellen, wie nach den engen Maßgaben des derzeitigen Unionsrechts Verleger auch weiterhin an gesetzlichen Vergütungsansprüchen beteiligt bzw. bei den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften berücksichtigt werden können. Damit könnte insbesondere eine kurz- und mittelfristige Basis für den Fortbestand der Praxis der VG WORT geschaffen werden.“ (Regelungsvorschlag S. 2)
 
Wie sehen diese Regelungen aus?
 
Das BMJV schlägt zunächst einen neuen § 27 (2) VGG vor:

"Eine Verwertungsgesellschaft, die Rechte für Urheber und Verleger gemeinsam wahrnimmt, kann im Verteilungsplan regeln, dass die Einnahmen aus der Wahrnehmung von Rechten an verlegten Werken zwischen Urhebern und Verlegern unabhängig davon verteilt werden, wer die Rechte eingebracht hat."
 
Es soll also in Zukunft nicht mehr darauf ankommen, wer Rechte in eine Verwertungsgesellschaft einbringt. Der zivilrechtliche Prioritätsgrundsatz soll für den Bereich der Verwertungsgesellschaften außer Kraft gesetzt werden.
 
Bisher sieht die Sache wie folgt aus: Ein Urheber unterschreibt einen Wahrnehmungsvertrag mit der Verwertungsgesellschaft und überträgt ihr Rechte. Folglich steht ihm der Ertrag zu, den die Verwertungsgesellschaft mit diesen Rechten erzielt. Wenn er hinterher einen Verlagsvertrag unterschreibt, kann er dieselben Rechte nicht ein zweites Mal übertragen. Der Verlag kann sie seinerseits also auch nicht in die Verwertungsgesellschaft einbringen und folglich auch kein Geld von ihr bekommen.
 
Für gesetzliche Vergütungsansprüche, also das Geld aus der Privatkopieabgabe, spielt diese Neuregelung keine Rolle. Sie stehen schon europarechtlich allein den Urhebern zu, unabhängig davon, ob der Verlag oder der Autor sie in die Verwertungsgesellschaft einbringt.
 
Anders sieht es bei Lizenzen und Nutzungsrechten jenseits der Pauschalvergütung aus, die bei der GEMA den größten Anteil ausmachen. Hier kommt es durchaus darauf an, bei wem die Rechte liegen. Wenn ein Musikurheber einen Wahrnehmungsvertrag mit der GEMA abgeschlossen hat, kann er die Rechte, die er ihr zur Wahrnehmung übertragen hat (etwa Rechte der öffentlichen Wiedergabe), bislang nicht noch einmal einem Verlag übertragen. Folglich darf die GEMA den Verlag auch nicht an den Ausschüttungen beteiligen. Wenn es in Zukunft aber nicht darauf ankommen soll, wer die Rechte (zuerst) in die Verwertungsgesellschaft eingebracht hat, könnten Verlage sich auf im Nachhinein abgeschlossene Verlagsverträge berufen, um doch wieder einen Teil des Geldes der Urheber abzuschöpfen.
 
Ob diese Regelung hält, ist unklar. Der Prioritätsgrundsatz ist schließlich ein allgemein zivilrechtliches Prinzip: Es gilt immer nur die zuerst erfolgte Rechteübertragung. Dieses Prinzip gesetzgeberisch allein im Bereich der Verwertungsgesellschaften außer Kraft zu setzen, um auf diese Weise den Urheber um einen Teil seiner Ansprüche gegen die Verwertungsgesellschaft zu bringen, dürfte kaum mit dem grundgesetzlichen Schutz von dessen Eigentumsrechten in Einklang zu bringen sein. Da aber das BMJV die vorgeschlagene Regelung bloß als „Übergangslösung“ bis zu einer europäischen Neuregelung sieht, fällt dieser Einwand praktisch wohl nicht ins Gewicht.
 
Der geplante §27a (1) VGG bezieht sich hingegen ausschließlich auf gesetzliche Vergütungsansprüche, also auf die Pauschalabgaben:
 
"Nach der Veröffentlichung eines verlegten Werks kann der Urheber gegenüber der Verwertungsgesellschaft zustimmen, dass der Verleger an den Einnahmen aus den in § 63a Absatz 1 Satz 1 des Urheberrechtsgesetzes genannten gesetzlichen Vergütungsansprüchen beteiligt wird."
 
Hierzu muss man wissen, dass der BGH in seinem Urteil zur Verlegerbeteiligung (I ZR 198/13 – Verlegeranteil) ein kleines Schlupfloch gelassen hat. Zwar dürfen und durftem diesem Urteil zufolge Verlage nicht an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften beteiligt werden: Allein die Urheber haben einen Anspruch auf die gesetzlichen Vergütungen. Möglich ist es aber, dass Urheber ihre entsprechende Ansprüche nach deren Entstehung an Verlage abtreten. Einfacher gesagt: Der Urheber kann, wenn er das Geld der VG WORT nicht haben will, diese anweisen, es lieber seiner Oma, dem Tierschutzverein oder auch einem Verlag zu überweisen. Logisch – denn natürlich verbietet das Gesetz dem Urheber nicht, über sein eigenes Geld zu verfügen.
 
In dieses Schlupfloch versucht das BMJV nun einen Keil zu treiben, offenbar mit dem Ziel, den Verlagen wieder eine nicht unerhebliche Geldeinnahme zu ermöglichen. Die Abtretung des Auszahlungsanspruchs an Verlage soll sozusagen institutionalisiert werden, indem der Urheber sich nicht mehr aktiv darum kümmern muss, auf seine Ansprüche zu verzichten. Er soll nur noch der jeweiligen Verwertungsgesellschaft ein Formular unterschreiben und danach möglichst wenig von dem Ganzen mitbekommen.
 
Auch bei dieser Regelung ist unklar, ob sie haltbar sein wird. Denn dem BGH-Urteil zufolge kann der Urheber erst nach Entstehung seiner Vergütungsansprüche zugunsten des Verlages auf diese verzichten. Das BMJ legt nun hingegen als „einheitlichen und praktisch besser bestimmbaren Zeitpunkt“ den der Veröffentlichung fest. Das Problem dabei: Wenn das Werk veröffentlicht ist, sind die entsprechenden Ansprüche des Urhebers noch gar nicht entstanden (vgl. z.B. Flechsig: Entstehung und Abtretung gesetzlicher Vergütungsansprüche, GRUR 11/2016). Doch auch hier dürfte gelten: Wo kein Kläger, da kein Richter.
 
Der Regelungsvorschlag enthält auch eine Neufassung des §63a UrhG, die allerdings keine spürbare Änderung gegenüber der derzeitigen Rechtslage mit sich bringt.
 
Unter dem Strich bedeutet das: Das BMJV ist bemüht, die Auswirkungen des BGH-Urteils zur Verlegerbeteiligung weitestgehend abzuschwächen, damit Verlage auch in Zukunft auf Kosten der Urheber an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften beteiligt werden können. Die geplanten Regelungen sind im Detail rechtlich angreifbar, werden jedoch allgemein eher als „Übergangslösung“ bis zu einer europäischen Neuregelung begriffen.
 
Von der Initiative Urheberrecht, den Gewerkschaften oder den Autorenvertretern gibt es bislang keine Kritik an dem Entwurf.
 
Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags hat am 6. Juli 2016 eine Anhörung zu dem Entwurf durchgeführt. Lesenswert sind aus unserer Sicht vor allem die Stellungnahmen von Urs Verweyen und Henry Steinhau.
 
VG Info im Kontakt mit Bundespolitikern

Die Redaktion von VG Info hat die Rechtspolitiker_innen Stefan Heck (CDU), Christian Flisek (SPD), Halina Wawzyniak (Linke) und Renate Künast (Grüne) schriftlich um eine Stellungnahme gebeten und nach ihrer Meinung zum vorliegenden Regelungsvorschlag sowie zum Themenkomplex Verlegerbeteiligung gefragt. Sobald wir Antworten erhalten, veröffentlichen wir sie schnellstmöglich an dieser Stelle.

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