Vg Info
Wir geben 8 auf die VG Wort
Seit gestern ist nun klar, wie sich die VG WORT die Rückabwicklung der zu unrecht an die Verlage ausgeschütteten Autorenanteile vorstellt. War bei den außerordentlichen Mitgliederversammlungen noch von Abtretungen die Rede gewesen, ist das vom Tisch. An deren Stelle ist nun der Verzicht getreten. Hierzu erklärt die VG WORT jedoch in ihrem Schreiben auch, dass sie keinerlei steuerrechtliche Beratung leisten kann und darf, weder gegenüber den Verlagen noch gegenüber den Autoren. Das ist einerseits eine Standardformulierung, offenbart zugleich aber auch das Dilemma, wonach die VG WORT keine Aussage treffen mag, ob dieses Verfahren wirklich rechtssicher ist. Nach wie vor ungeklärt ist aus unserer Sicht in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass die VG WORT als Treuhänderin der Urheber nicht berechtigt ist, den Verlagen ihre Schuld zu erlassen. Wir meinen, dass nach dem BGH-Urteil nur eine vollständige Rückabwicklung korrekt wäre. Danach (bzw. im Prinzip natürlich jederzeit) stünde es selbstverständlich jedem Urheber frei, seinen Verlag mit einer Schenkung in beliebiger Höhe zu beglücken und sich, entsprechend den Aussagen des Börsenvereins, an dessen „Rettung“ zu beteiligen. Der Börsenverein reagierte umgehend und veröffentlichte für die Mitglieder auf seiner Seite Informationen und Musterschreiben zum Thema. Das Schreiben der VG WORT an die Verlage sowie die Verzichtserklärung für Urheber zum Download: ![]()
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Am kommenden Wochenende (16./17.12.2016) findet die zweite außerordentliche Mitgliederversammlung (MV) 2016 der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst in Bonn statt. Schwerpunkt der Mitgliederversammlung ist die Verteilungsplanreform. Im April hat der Bundestag hat das VG-Richtlinie-Umsetzungsgesetz und den Entschließungsantrag zur Verlagsbeteiligung an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen beschlossen, so dass das neue Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) in Kraft treten konnte. Bei der nun anstehenden außerordentlichen MV geht es auch um die Angleichung der Satzung an das neue VGG, z.B. was künftig die Regelung elektronischer Abstimmungsmöglichkeiten, Stimmabtretungen und ähnliches angeht. Außerdem muss ein neuer, gesetzeskonformer Verteilungsplan verabschiedet werden.
Doch die beabsichtigten Änderungen am Verteilungsplan sind keineswegs nur formaler Art. Wenn er in der vorliegenden Form beschlossen wird, bedeutet er eine deutliche Schlechterstellung dokumentarischer Arbeiten. Dass die Verwertungsgesellschaften zwischen unterschiedlichen Werkgruppen unterscheiden, ist nicht neu – ein 90-minütiger Kinofilm hat unstrittig eine andere Schöpfungshöhe als ein Magazinbeitrag im Fernsehen. Dass jedoch bereits auf Ebene der Zentralstelle für private Überspielung (ZPÜ), die alle Urheberrechtsabgaben für den audiovisuellen Bereich sammelt und dann auf die verschiedenen Verwertungsgesellschaften verteilt, dokumentarische Werke (beliebiger Laufzeit und Qualität) grundsätzlich nur 50% eines beliebigen fiktionalen Filmes wert sein sollen, ist für Dokumentaristen nicht hinnehmbar. Schon gar nicht, wenn diese „Bewertung“ durch die ZPÜ mit den Kriterien Filmlänge und kulturelle Qualität begründet wird. Dabei entstehen geradezu absurde Einordnungen, wenn beispielsweise Filme wie „Waltz with Bashir“ oder „Buena Vista Social Club“ in der gleichen Kategorie landen wie „Bauer sucht Frau“, „Daniela Katzenberger – natürlich blond“ und die Morgenmagazine der Öffentlich-Rechtlichen („Dokumentationen, Reportagen, Sonstiges“) und folglich auch in der Ausschüttung gleich behandelt werden. Die eben beschriebene Werkkategorisierung durch die ZPÜ wird jedoch an diesem Wochenende nicht verhandelt und hat ihren Ursprung auf einer anderen Ebene (der beteiligten Verwertungsgesellschaften). Das Problem jedoch, das sich nun durch diese ZPÜ-Aufteilung auf die Verteilungspläne der verschiedenen Verwertungsgesellschaften durchschlägt, sorgt für ein nicht vertretbares Ungleichgewicht bei den Ausschüttungen. Nachdem das Problem bereits vor einigen Monaten bei der Produzenten-Verwertungsgesellschaft VGF zutage trat, betrifft es bei der MV der VG Bild-Kunst nun Urheber wie Regisseure, Kameraleute und Editoren. Sie sollen sich künftig mit der Hälfte dessen zufrieden geben, was die Kollegen im Spielfilm verdienen. Was jedoch einen Unterschied machen könnte, sind die Spielräume, die Verwertungsgesellschaften in der Schwerpunktsetzung haben, um solche Unterschiede auszugleichen. Nicht zuletzt die AG DOK hat deshalb in ihrer Berufsgruppe der VG Bild-Kunst vorgeschlagen, lange Dokumentarfilme (ab 60 Minuten Laufzeit) in die Spielfilmkategorie einzuordnen und damit zugleich den „Doku-Topf“ zu entlasten. Ein solcher Kompromiss wird jedoch schon innerhalb der Berufsgruppe von den Regisseuren fiktionaler Stoffe abgelehnt. Für Dokumentarfilmer hängt gerade an dieser Frage viel am kommenden Wochenende. Eine ganze Reihe anderer Probleme, die bereits aus der VG WORT und GEMA bekannt sind, betreffen jedoch auch die VG Bild-Kunst. Auch hier sitzen die Verleger weiterhin in zwei der drei Berufsgruppen und sichern so ihre Interessen stimmgewaltig ab. Besonders skandalös: Die im Dezember fälligen Ausschüttungen umfassen erneut nicht den Verlegeranteil, der den Urhebern nach dem BGH-Urteil vom April zusteht. Sie fließen, so die VG Bild-Kunst auf Nachfrage, in Rückstellungen mit der Begründung, das Ergebnis der Verfassungsbeschwerde des Verlags C.H.Beck stehe noch aus. Man befürchte, durch das Urteil möglicherweise in die Zahlungsunfähigkeit getrieben zu werden, und müsse für diesen Fall vorsorgen. Den Urhebern ist dies freilich nur schwer zu vermitteln. Aus ihrer Sicht existiert eine gültige Rechtslage, die nun, nach jahrelangen Rechtsstreitigkeiten endlich umgesetzt werden muss. Unklar bleibt weiterhin die Frage der Verjährungsfristen. Im Vorfeld zur geplanten Verabschiedung des Urhebervertragsrechts haben wir den Mitgliedern des Rechts- und Kulturausschusses einen Brief in der Sache geschrieben und auf die sich daraus ergebenden Folgen für die Urheber hingewiesen. Ähnlich lautet auch ein Brief der :Freischreiber an die Bundestagsabgeordneten aller Fraktionen. Darin fordern sie die Volksvertreter auf, gegen die Urheberrechtsreform zu votieren. Der vorliegende Gesetzesentwurf greife in entscheidenden Punkten zu kurz. Wesentliche Änderungen schwächten gar die Position der Urheber drastisch, so etwa die Verlegerbeteiligung bei Verwertungsgesellschaften und die Durchsetzung der Vergütungsregeln. Das ursprüngliche Reformziel, mit einem tief greifenden Auskunftsrecht und einem wirkungsvollen Verbandsklagerecht die Position der Urheber gegenüber allen Verwertern zu stärken, wäre leider verfehlt. In der Presseerklärung des Verbandes zeigte sich dessen Vorsitzender, Benno Stieber, enttäuscht: „Dann lieber keine Reform als so eine. Wird das Gesetz so verabschiedet, ist auf Jahre eine Chance vertan, die Urheber im digitalen Wandel angemessen zu stärken.“ ![]()
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Dieser Text ist ein Update zu dem bereits vorgestern hier veröffentlichten Text. Nachdem der Bundesgerichtshof am 21. April 2016 entschieden hat, dass die VG WORT seit Jahrzehnten rechts- und treuwidrig einen Verlegeranteil ausgeschüttet hat und auch in Zukunft nur noch an Autoren und nicht mehr an Verlage ausschütten darf (I ZR 198/13 – Verlegeranteil), hat das BMJV im Juli 2016 einen Regelungsvorschlag gemacht, mit dem es dieses Urteil weitgehend rückgängig machen möchte. Mit leichten Änderungen entspricht diesem Vorschlag ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum Urhebervertragrecht, der vginfo.org vorliegt und noch diese Woche im Deutschen Bundestag beschlossen werden soll. Dem Bestreben, Verleger auch in Zukunft an den Vergütungen der Urheber zu beteiligen, steht derzeit noch das Europarecht im Wege. Denn mit seinem Reprobel-Urteil hat der Europäische Gerichtshof eine Entscheidung getroffen, um die auch der deutsche Gesetzgeber nicht herumkommt. Sie betrifft die Frage, wie die Regelung zum „gerechten Ausgleich“ in der europäischen Urheberrechtsrichtlinie auszulegen ist. In dem betreffenden Artikel 5 geht es, knapp gesagt, darum, wer das Geld bekommen soll, das über Pauschalabgaben, wie sie im Preis von Kopiergeräten und Speichermedien enthalten sind, für (legale) private Kopien bezahlt wird. Auf dieses Geld, die so genannten „gesetzlichen Vergütungen“, haben nach Meinung des EuGH nur die Urheber einen Anspruch, nicht jedoch die Verleger. Ein nationales Gesetz, das einen Teil der Autorengelder doch den Verlegern zuschanzt, ist unzulässig, so der EuGH (Urteil, siehe Randnummern 44-49). Weder nach EU-Recht noch nach deutschem Recht haben Verleger derzeit ein „Leistungsschutzrecht“ oder eine sonstige vergleichbare Rechtsposition inne – in der oben erwähnten Urheberrechtsrichtlinie sind sie in Artikel 2 nicht aufgeführt. Deshalb können sie „keinen Ausgleich aufgrund dieser Ausnahmen erhalten, wenn dadurch den Inhabern des Vervielfältigungsrechts der gerechte Ausgleich, auf den sie aufgrund dieser Ausnahmen Anspruch haben, ganz oder teilweise entzogen wird“, heißt es in Randnummer 48 des Reprobel-Urteils. Zuvor hatte der EuGH bereits in seinem Luksan-Urteil festgehalten, dass die Mitgliedsstaaten sicherstellen müssen, dass der „gerechte Ausgleich“ unbedingt beim originären Rechteinhaber ankommt. Dies sei „konzeptionell nicht mit der Möglichkeit für die Rechtsinhaber zu vereinbaren, auf diesen gerechten Ausgleich zu verzichten“, heißt es in Randnummer 106 des Urteils. Über beide Urteile will sich der deutsche Gesetzgeber nun hinwegsetzen. Bis zu einer Änderung des Europarechts (der entsprechende Vorschlag hier) soll eine „Übergangslösung“ greifen, die es erlaubt, die Verleger weiter zu beteiligen, obwohl sie nach dem derzeit geltenden europäischen Recht nicht mehr beteiligt werden dürfen. In der Praxis braucht eine solche Regelung nicht europarechtskonform zu sein, sondern nur gut genug, um der VG WORT einen Vorwand zu liefern, ihre jetzige illegale Praxis beizubehalten. Es müsste dann erst wieder jemand dagegen klagen – und bis dahin dürfte eine europäische Neuregelung in Kraft sein. Wie sehen die geplanten Regelungen aus? Es wird zunächst ein neuer § 27 (2) VGG vorgeschlagen: „Nimmt die Verwertungsgesellschaft Rechte für mehrere Rechtsinhaber gemeinsam wahr, kann sie im Verteilungsplan regeln, dass die Einnahmen aus der Wahrnehmung dieser Rechte unabhängig davon, wer die Rechte eingebracht hat, nach festen Anteilen verteilt werden.“ Es soll also in Zukunft nicht mehr darauf ankommen, wer Rechte in eine Verwertungsgesellschaft einbringt. Der zivilrechtliche Prioritätsgrundsatz soll für den Bereich der Verwertungsgesellschaften außer Kraft gesetzt werden. Bisher sieht die Sache wie folgt aus: Ein Urheber unterschreibt einen Wahrnehmungsvertrag mit der Verwertungsgesellschaft und überträgt ihr Rechte. Folglich steht ihm der Ertrag zu, den die Verwertungsgesellschaft mit diesen Rechten erzielt. Wenn er hinterher einen Verlagsvertrag unterschreibt, kann er dieselben Rechte nicht ein zweites Mal übertragen. Der Verlag kann sie seinerseits also auch nicht in die Verwertungsgesellschaft einbringen und folglich auch kein Geld von ihr bekommen. Für gesetzliche Vergütungsansprüche, also das Geld aus der Privatkopieabgabe, spielt diese Neuregelung keine Rolle. Sie stehen schon europarechtlich allein den Urhebern zu, unabhängig davon, ob der Verlag oder der Autor sie in die Verwertungsgesellschaft einbringt. Das geht aus dem erwähnten Reprobel-Urteil klar hervor. Verleger können, sofern gesetzliche Vergütungsansprüche betroffen sind, also keine Rechtsinhaber sein, da die Urheber ihnen ihre Ansprüche im Vorhinein nicht abtreten können. Selbst, wenn sie dies im Nachhinein täten, müsste der „gerechte Ausgleich“, den die Privatkopieabgabe darstellt, dem EU-Recht zufolge unbedingt bei den Urhebern ankommen. Anders sieht es bei Lizenzen und Nutzungsrechten jenseits der Pauschalvergütung aus, die bei der GEMA den größten Anteil ausmachen. Hier kommt es durchaus darauf an, bei wem die Rechte liegen. Wenn ein Musikurheber einen Wahrnehmungsvertrag mit der GEMA abgeschlossen hat, kann er die Rechte, die er ihr zur Wahrnehmung übertragen hat (etwa Rechte der öffentlichen Wiedergabe), bislang nicht noch einmal einem Verlag übertragen. Folglich darf die GEMA den Verlag auch nicht an den Ausschüttungen beteiligen. Wenn es in Zukunft aber nicht darauf ankommen soll, wer die Rechte (zuerst) in die Verwertungsgesellschaft eingebracht hat, könnten Verlage sich auf im Nachhinein abgeschlossene Verlagsverträge berufen, um doch wieder einen Teil des Geldes der Urheber abzuschöpfen. Ob diese Regelung hält, ist unklar. Der Prioritätsgrundsatz ist schließlich ein allgemein zivilrechtliches Prinzip: Es gilt immer nur die zuerst erfolgte Rechteübertragung. Dieses Prinzip gesetzgeberisch allein im Bereich der Verwertungsgesellschaften außer Kraft zu setzen, um auf diese Weise den Urheber um einen Teil seiner Ansprüche gegen die Verwertungsgesellschaft zu bringen, dürfte kaum mit dem grundgesetzlichen Schutz von dessen Eigentumsrechten in Einklang zu bringen sein. Da aber der Gesetzgeber die vorgeschlagene Regelung bloß als „Übergangslösung“ bis zu einer europäischen Neuregelung sieht, fällt dieser Einwand praktisch wohl nicht ins Gewicht. Der geplante § 27a VGG bezieht sich hingegen ausschließlich auf gesetzliche Vergütungsansprüche, also auf die Pauschalabgaben: „Nach der Veröffentlichung eines verlegten Werks oder mit der Anmeldung des Werks bei der Verwertungsgesellschaft kann der Urheber gegenüber der Verwertungsgesellschaft zustimmen, dass der Verleger an den Einnahmen aus den in § 63a Absatz 1 Satz 1 des Urheberrechtsgesetzes genannten gesetzlichen Vergütungsansprüchen beteiligt wird.“ Hierzu muss man wissen, dass der BGH in seinem Urteil zur Verlegerbeteiligung (I ZR 198/13 – Verlegeranteil) ein kleines Schlupfloch gelassen hat. Zwar dürfen und durftem diesem Urteil zufolge Verlage nicht an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften beteiligt werden: Allein die Urheber haben einen Anspruch auf die gesetzlichen Vergütungen. Möglich ist es aber, dass Urheber ihre entsprechende Ansprüche nach deren Entstehung an Verlage abtreten. Einfacher gesagt: Der Urheber kann, wenn er das Geld der VG WORT nicht haben will, diese anweisen, es lieber seiner Oma, dem Tierschutzverein oder auch einem Verlag zu überweisen. Logisch – denn natürlich verbietet das Gesetz dem Urheber nicht, über sein eigenes Geld zu verfügen. In dieses Schlupfloch versucht der Gesetzgeber nun einen Keil zu treiben, offenbar mit dem Ziel, den Verlagen wieder eine nicht unerhebliche Geldeinnahme zu ermöglichen. Die Abtretung des Auszahlungsanspruchs an Verlage soll sozusagen institutionalisiert werden, indem der Urheber sich nicht mehr aktiv darum kümmern muss, auf seine Ansprüche zu verzichten. Er soll nur noch der jeweiligen Verwertungsgesellschaft ein Formular unterschreiben und danach möglichst wenig von dem Ganzen mitbekommen. Auch bei dieser Regelung ist unklar, ob sie haltbar sein wird. Denn dem BGH-Urteil zufolge kann der Urheber erst nach Entstehung seiner Vergütungsansprüche zugunsten des Verlages auf diese verzichten. Der Gesetzgeber legt nun als „einheitlichen und praktisch besser bestimmbaren Zeitpunkt“ den der Veröffentlichung oder der Anmeldung bei der Verwertungsgesellschaft fest. Das Problem dabei: Wenn das Werk veröffentlicht ist, sind die entsprechenden Ansprüche des Urhebers noch gar nicht entstanden (vgl. z.B. Flechsig: Entstehung und Abtretung gesetzlicher Vergütungsansprüche, GRUR 11/2016). Schließlich soll sowohl in § 27 (2) als auch in § 27a (2) VGG noch festgelegt werden, dass die Verwertungsgesellschaft feste Quoten für eine Beteiligung der Verleger an Vergütungsansprüchen der Urheber festlegen können soll, sofern diese entsprechende Ansprüche abtreten. Auch das ist eine äußerst fragwürdige Regelung. Sie bedeutet letztlich, dass nicht der Urheber selbst, sondern die Verwertungsgesellschaft über die Höhe einer etwaigen Abtretung entscheidet. Mit dem Eigentumsrecht des Urhebers dürfte dies nicht in Einklang zu bringen sein. Unter dem Strich bedeutet das: Der Gesetzgeber ist bemüht, die Auswirkungen des BGH-Urteils zur Verlegerbeteiligung weitestgehend abzuschwächen, damit Verlage auch in Zukunft auf Kosten der Urheber an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften beteiligt werden können. Die geplanten Regelungen sind im Detail rechtlich angreifbar, da sie nicht zuletzt einen klaren Verstoß gegen das Reprobel-Urteil des EuGH darstellen. Von der Initiative Urheberrecht, den Gewerkschaften oder den Autorenvertretern gibt es bislang keine Kritik an dem Entwurf. Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags hat am 6. Juli 2016 eine Anhörung zu dem ursprünglichen Entwurf des BMJV durchgeführt. Lesenswert sind aus unserer Sicht vor allem die Stellungnahmen von Urs Verweyen und Henry Steinhau. ![]() Nachdem der Bundesgerichtshof am 21. April 2016 entschieden hat, dass die VG WORT seit Jahrzehnten rechts- und treuwidrig einen Verlegeranteil ausgeschüttete hat und auch in Zukunft nur noch an Autoren und nicht mehr an Verlage ausschütten darf (I ZR 198/13 – Verlegeranteil), hat das BMJ im Juli 2016 einen Regelungsvorschlag gemacht, mit dem es dieses Urteil weitgehend rückgängig machen möchte. Diesem Bestreben steht allerdings derzeit noch das Europarecht im Wege. Denn mit seinem Reprobel-Urteil hat der Europäische Gerichtshof eine Entscheidung getroffen, um die auch der deutsche Gesetzgeber nicht herumkommt. Sie betrifft die Frage, wie die Regelung zum „gerechten Ausgleich“ in der europäischen Urheberrechtsrichtlinie auszulegen ist. In dem betreffenden Artikel 5 geht es, knapp gesagt, darum, wer das Geld bekommen soll, das über Pauschalabgaben, wie sie im Preis von Kopiergeräten und Speichermedien enthalten sind, für (legale) private Kopien bezahlt wird. Auf dieses Geld, die so genannten „gesetzlichen Vergütungen“, haben nach Meinung des EuGH nur die Urheber einen Anspruch, nicht jedoch die Verleger. Ein nationales Gesetz, das einen Teil der Autorengelder doch den Verlegern zuschanzt, ist unzulässig, so der EUgH (Urteil, siehe Randnummern 44-49). Denn weder nach EU-Recht, noch nach deutschem Recht haben Verleger derzeit ein "Leistungsschutzrecht" oder eine sonstige vergleichbare Rechtsposition inne - in der oben erwähnten Urheberrechtsrichtlinie sind sie in Art. 2 nicht aufgeführt. Bis zu einer Änderung des Europarechts (der entsprechende Vorschlag hier) möchte das BMJV deshalb eine „Übergangslösung“ finden, die es erlaubt, die Verleger weiter zu beteiligen, obwohl sie nach dem derzeit geltenden europäischen Recht nicht mehr beteiligt werden dürfen. In der Praxis braucht eine solche Regelung nicht hundertprozentig europarechtskonform zu sein, sondern nur gut genug, um der VG WORT einen Vorwand zu liefern, ihre jetzige illegale Praxis beizubehalten. Es müsste dann erst wieder jemand dagegen klagen – und bis dahin dürfte eine europäische Neuregelung in Kraft sein. Das BMJV will also, wie es selbst formuliert, „Regelungen schaffen, die klarstellen, wie nach den engen Maßgaben des derzeitigen Unionsrechts Verleger auch weiterhin an gesetzlichen Vergütungsansprüchen beteiligt bzw. bei den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften berücksichtigt werden können. Damit könnte insbesondere eine kurz- und mittelfristige Basis für den Fortbestand der Praxis der VG WORT geschaffen werden.“ (Regelungsvorschlag S. 2) Wie sehen diese Regelungen aus? Das BMJV schlägt zunächst einen neuen § 27 (2) VGG vor: "Eine Verwertungsgesellschaft, die Rechte für Urheber und Verleger gemeinsam wahrnimmt, kann im Verteilungsplan regeln, dass die Einnahmen aus der Wahrnehmung von Rechten an verlegten Werken zwischen Urhebern und Verlegern unabhängig davon verteilt werden, wer die Rechte eingebracht hat." Es soll also in Zukunft nicht mehr darauf ankommen, wer Rechte in eine Verwertungsgesellschaft einbringt. Der zivilrechtliche Prioritätsgrundsatz soll für den Bereich der Verwertungsgesellschaften außer Kraft gesetzt werden. Bisher sieht die Sache wie folgt aus: Ein Urheber unterschreibt einen Wahrnehmungsvertrag mit der Verwertungsgesellschaft und überträgt ihr Rechte. Folglich steht ihm der Ertrag zu, den die Verwertungsgesellschaft mit diesen Rechten erzielt. Wenn er hinterher einen Verlagsvertrag unterschreibt, kann er dieselben Rechte nicht ein zweites Mal übertragen. Der Verlag kann sie seinerseits also auch nicht in die Verwertungsgesellschaft einbringen und folglich auch kein Geld von ihr bekommen. Für gesetzliche Vergütungsansprüche, also das Geld aus der Privatkopieabgabe, spielt diese Neuregelung keine Rolle. Sie stehen schon europarechtlich allein den Urhebern zu, unabhängig davon, ob der Verlag oder der Autor sie in die Verwertungsgesellschaft einbringt. Anders sieht es bei Lizenzen und Nutzungsrechten jenseits der Pauschalvergütung aus, die bei der GEMA den größten Anteil ausmachen. Hier kommt es durchaus darauf an, bei wem die Rechte liegen. Wenn ein Musikurheber einen Wahrnehmungsvertrag mit der GEMA abgeschlossen hat, kann er die Rechte, die er ihr zur Wahrnehmung übertragen hat (etwa Rechte der öffentlichen Wiedergabe), bislang nicht noch einmal einem Verlag übertragen. Folglich darf die GEMA den Verlag auch nicht an den Ausschüttungen beteiligen. Wenn es in Zukunft aber nicht darauf ankommen soll, wer die Rechte (zuerst) in die Verwertungsgesellschaft eingebracht hat, könnten Verlage sich auf im Nachhinein abgeschlossene Verlagsverträge berufen, um doch wieder einen Teil des Geldes der Urheber abzuschöpfen. Ob diese Regelung hält, ist unklar. Der Prioritätsgrundsatz ist schließlich ein allgemein zivilrechtliches Prinzip: Es gilt immer nur die zuerst erfolgte Rechteübertragung. Dieses Prinzip gesetzgeberisch allein im Bereich der Verwertungsgesellschaften außer Kraft zu setzen, um auf diese Weise den Urheber um einen Teil seiner Ansprüche gegen die Verwertungsgesellschaft zu bringen, dürfte kaum mit dem grundgesetzlichen Schutz von dessen Eigentumsrechten in Einklang zu bringen sein. Da aber das BMJV die vorgeschlagene Regelung bloß als „Übergangslösung“ bis zu einer europäischen Neuregelung sieht, fällt dieser Einwand praktisch wohl nicht ins Gewicht. Der geplante §27a (1) VGG bezieht sich hingegen ausschließlich auf gesetzliche Vergütungsansprüche, also auf die Pauschalabgaben: "Nach der Veröffentlichung eines verlegten Werks kann der Urheber gegenüber der Verwertungsgesellschaft zustimmen, dass der Verleger an den Einnahmen aus den in § 63a Absatz 1 Satz 1 des Urheberrechtsgesetzes genannten gesetzlichen Vergütungsansprüchen beteiligt wird." Hierzu muss man wissen, dass der BGH in seinem Urteil zur Verlegerbeteiligung (I ZR 198/13 – Verlegeranteil) ein kleines Schlupfloch gelassen hat. Zwar dürfen und durftem diesem Urteil zufolge Verlage nicht an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften beteiligt werden: Allein die Urheber haben einen Anspruch auf die gesetzlichen Vergütungen. Möglich ist es aber, dass Urheber ihre entsprechende Ansprüche nach deren Entstehung an Verlage abtreten. Einfacher gesagt: Der Urheber kann, wenn er das Geld der VG WORT nicht haben will, diese anweisen, es lieber seiner Oma, dem Tierschutzverein oder auch einem Verlag zu überweisen. Logisch – denn natürlich verbietet das Gesetz dem Urheber nicht, über sein eigenes Geld zu verfügen. In dieses Schlupfloch versucht das BMJV nun einen Keil zu treiben, offenbar mit dem Ziel, den Verlagen wieder eine nicht unerhebliche Geldeinnahme zu ermöglichen. Die Abtretung des Auszahlungsanspruchs an Verlage soll sozusagen institutionalisiert werden, indem der Urheber sich nicht mehr aktiv darum kümmern muss, auf seine Ansprüche zu verzichten. Er soll nur noch der jeweiligen Verwertungsgesellschaft ein Formular unterschreiben und danach möglichst wenig von dem Ganzen mitbekommen. Auch bei dieser Regelung ist unklar, ob sie haltbar sein wird. Denn dem BGH-Urteil zufolge kann der Urheber erst nach Entstehung seiner Vergütungsansprüche zugunsten des Verlages auf diese verzichten. Das BMJ legt nun hingegen als „einheitlichen und praktisch besser bestimmbaren Zeitpunkt“ den der Veröffentlichung fest. Das Problem dabei: Wenn das Werk veröffentlicht ist, sind die entsprechenden Ansprüche des Urhebers noch gar nicht entstanden (vgl. z.B. Flechsig: Entstehung und Abtretung gesetzlicher Vergütungsansprüche, GRUR 11/2016). Doch auch hier dürfte gelten: Wo kein Kläger, da kein Richter. Der Regelungsvorschlag enthält auch eine Neufassung des §63a UrhG, die allerdings keine spürbare Änderung gegenüber der derzeitigen Rechtslage mit sich bringt. Unter dem Strich bedeutet das: Das BMJV ist bemüht, die Auswirkungen des BGH-Urteils zur Verlegerbeteiligung weitestgehend abzuschwächen, damit Verlage auch in Zukunft auf Kosten der Urheber an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften beteiligt werden können. Die geplanten Regelungen sind im Detail rechtlich angreifbar, werden jedoch allgemein eher als „Übergangslösung“ bis zu einer europäischen Neuregelung begriffen. Von der Initiative Urheberrecht, den Gewerkschaften oder den Autorenvertretern gibt es bislang keine Kritik an dem Entwurf. Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags hat am 6. Juli 2016 eine Anhörung zu dem Entwurf durchgeführt. Lesenswert sind aus unserer Sicht vor allem die Stellungnahmen von Urs Verweyen und Henry Steinhau. VG Info im Kontakt mit Bundespolitikern Die Redaktion von VG Info hat die Rechtspolitiker_innen Stefan Heck (CDU), Christian Flisek (SPD), Halina Wawzyniak (Linke) und Renate Künast (Grüne) schriftlich um eine Stellungnahme gebeten und nach ihrer Meinung zum vorliegenden Regelungsvorschlag sowie zum Themenkomplex Verlegerbeteiligung gefragt. Sobald wir Antworten erhalten, veröffentlichen wir sie schnellstmöglich an dieser Stelle. In einem wegweisenden Teilurteil vom 14.11.2016 (Az. 24 U 96/14) hat das Kammergericht Berlin entschieden, dass auch die GEMA keine pauschalen Verleger-Anteile an Musikverlage ausschütten darf. Demnach sei die GEMA verpflichtet, Auskunft über die entsprechenden Verlegeranteile zu erteilen und Rechnung zu legen. Im vorliegenden Fall war das Gericht davon überzeugt, dass den klagenden Musikern die ihnen als Urheber zustehende Vergütung der GEMA zugunsten der Verleger nicht gekürzt werden darf. Verlage seien dann nicht Rechteinhaber, wenn der Urheber bereits vor Abschluss des Verlagsvertrages Mitglied der GEMA war. Eine Ausschüttung der GEMA darf nur an diejenigen Berechtigten erfolgen, die ihre Rechte wirksam übertragen haben. Hat ein Urheber seine Rechte aufgrund vertraglicher Vereinbarungen auf die GEMA übertragen, so kann sein Verleger keine Ansprüche gegen die GEMA geltend machen. Dies soll in dem Verfahren ab dem Jahr 2010 gelten. Das Urteil ist eine Fortführung bisheriger Rechtsprechung des BGH hinsichtlich der Entscheidung im Verfahren eines Urhebers gegen die VG WORT (BGH Urteil vom 21.04.2016 – I ZR 198/13). Wie auch im Fall der VG WORT bleibt abzuwarten, wie die GEMA das Urteil umsetzen wird, das noch nicht rechtskräftig ist. Die GEMA teilte mit, dass sie das Urteil für falsch hält und weiterhin die Auffassung vertritt, dass „Urheber und Verleger an Ausschüttungen von Verwertungsgesellschaften partizipieren sollen, wenn ein Urheber dies mit seinem Verlag vereinbart“. Das Urteil zur GEMA unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von dem zur VG WORT. Bei dem Urteil Vogel/VG WORT geht es um gesetzliche Vergütungen, also um Einnahmen aus der Privatkopie-Abgabe. Diese stehen schon EU-rechtlich unverzichtbar den Urhebern zu. Lediglich nachträglich können Urheber den Auszahlungsanspruch an Verleger abtreten, wenn sie dies wünschen. Im Fall der GEMA geht es jedoch darüber hinaus um einfache Nutzungsrechte/Lizenzen. Hier gibt es kein entsprechendes Abtretungsverbot. Urheber können ihre Ansprüche also durchaus abtreten, auch im Voraus. Haben sie eine entsprechende Abtretung mit dem Verlag jedoch nicht vereinbart, darf die GEMA aufgrund des Wahrnehmungsvertrages nicht an Verlage ausschütten – auch nicht einen Teil ihrer Einnahmen. Die im Musikgeschäft üblichen Verlagsverträge genügen offenbar den rechtlichen Anforderungen an eine solche Abtretung nicht. Die Urheber können nun das zu Unrecht an Verlage ausgezahlte Geld von der GEMA zurückverlangen. Dabei geht es, anders als bei der VG WORT, im Gesamtvolumen eher um Milliarden als um Millionen. Unklar ist, warum der Deutsche Musikverlegerverband nicht in der Lage war, seinen Mitgliedern einen besseren Mustervertrag zur Verfügung zu stellen. In Deutschland vertritt die GEMA nach eigenen Angaben die Urheberrechte von rund 70.000 Mitgliedern (Komponisten, Textdichter und Musikverleger) sowie von über zwei Millionen Rechteinhabern aus aller Welt. Sie ist weltweit eine der größten Autorengesellschaften für Werke der Musik. Hier das Urteil als Download: ![]()
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Januar 2019
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